Nachgefragt: Sprayer in den Knast?
■ Interview mit Michael Teiser (CDU)
Grafitti-Sprayer sollen bis zu fünf Jahre ins Gefängnis, meint Bundestagsabgeordneter Michael Teiser (CDU) aus Bremerhaven. Er will das Thema auf die Tagesordnung des Innenausschusses des Bundestages setzen. Das geht selbst Bernd Richter, Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft Haus und Grund in Bremen, zu weit: „Man darf die Graffiti-Sprayereien nicht bagatellisieren. Aber Teisers Forderung kann man nicht so ohne weiteres zustimmen. Schließlich sind die Sprayer meist sehr junge Leute.“
Herr Teiser, fünf Jahre Knast für Sprayer – ist das Ihr Ernst?
Sie können oder wollen eine Pressemitteilung nicht so lesen, wie sie dasteht. Das geltende Recht sieht vor, daß normale Sachbeschädigung mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft wird. Wenn sich Personen zusammenschließen, um Sachbeschädigung durchzuführen, kann in schweren Fällen eine Strafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.
Sie haben geschrieben, daß die „Justiz versagt“, wenn Sie dieses geltende Strafrecht nicht ausschöpft. Sie weisen darauf hin, daß für eine Gruppe von Sprayern auch eine Verurteilung nach § 129 des Strafgesetzbuches in Frage käme. Dieser Paragraph regelt das Strafmaß für kriminelle und terroristische Vereinigungen. Sind Sprayer Terroristen?
Nein. Aber, wenn sich Personen für eine strafbare Sprühaktion zusammentun, könnte das unter bestimmten Bedingungen eine kriminelle Vereinigung sein.
Das ist nicht die Regel. Die meisten Sprayer sind Jugendliche, die allein sprühen. Sollen die fünf Jahre in den Knast?
Ich kritisiere, daß das geltende Recht – also eine Strafe bis zu fünf Jahren – nicht geprüft wird.
Es wird doch aber geprüft: Sprayer sind meistens zwischen 14 und 18 Jahre alt. Gegen sie kann nur eine Jugendstrafe verhängt werden, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. Aber selbst dann wären fünf Jahre Gefängnis für Sprayereien unverhältnismäßig hoch.
In Bremerhaven sind von einzelnen Jugendlichen Schäden von bis zu 350.000 Mark verursacht worden. Flächendeckend wurden Hauswände mit irgendwelchen Haken beschmiert. Wenn einer das 40mal gemacht hat, ist es doch das mindeste, daß ein Richter prüft, ob der zu einer Geldstrafe von 2.000 Mark verurteilt werden kann oder zu zwei Monaten Jugendstrafe.
Genau das tun die Richter.
Nein. In der Regel sagen sie: „Kein öffentliches Interesse“ und verweisen aufs Zivilrecht. Ob eine kriminelle Vereinigung vorliegt, wird nicht geprüft.
Ein paar Sprayer, die zusammen Wände besprühen, sind ja auch noch nicht unbedingt eine kriminelle Vereinigung. Das würde auch eine besondere Schwere der Tat voraussetzen. Die Jugendlichen müßten sich schon verabreden, die Häuser ganz Bremens zu besprühen und sich die Stadtteile aufteilen. Ob sie dafür fünf Jahre in den Knast gingen, bleibt fraglich.
Kein Mensch sagt, daß jeder Sprayer fünf Jahre bekommen soll. Das ist völliger Unsinn.
Und was würden Sie mit dem Sprayer machen, der 40 Häuserwände besprüht hat?
Ich würde die Lebensumstände prüfen, ich würde gucken, ob er Vorstrafen hat. Wenn er nicht vorbestraft ist, würde ich ihm sagen: „Du gehst mit 1.000 Mark Geldstrafe nach Hause.“ Wenn jemand zum dritten Mal vor Gericht stünde, würde ich sagen: „Drei Monate Bewährung. Und wenn Du das nächste Mal erwischt wirst, sitzt Du die drei Monate ab.“
Abgesehen von einer Ermahnung vorweg, ist das die gängige Rechtsprechung.
Nein, in der Regel wird eingestellt, weil sie keinen zum fünften Mal vor Gericht kriegen. Sie wissen doch selbst, wie schwierig es ist, jemanden vor Gericht zu kriegen.
Warum gehen Sie mit dieser Forderung ausgerechnet jetzt an die Öffentlichkeit? Wollten Sie das Sommerloch nutzen, um in der Zeitung zu stehen?
Pressemitteilungen bekommen Sie doch das ganze Jahr. Elf Monate drucken sie nur die von Herrn Kohl, Herrn Scharping und von Herrn Westerwelle. Und weil die im Sommer nichts rüberbringen, stürzen Sie sich auf andere und sagen, die wollten das Sommerloch füllen. Darüber kann ich mich nur totlachen. Fragen: kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen