: Spontanität für NRW
Tom Stromberg kommt mit internationaler Sprengkraft: Das 14. Impulse-Festival hat ein neues Gewand aus Berlin. Alte Seilschaften werden zerschnitten und die Teilnahme-Kriterien verschärft
AUS WUPPERTAL PETER ORTMANN
Schluss mit dem Pokalfinale. Weg mit den 5.000 Euro Preisgeld. Es ist schöner, wie moderne Wolldecken zu empfinden. Die Impulse, das NRW-Festival der Freien Theater im deutschsprachigen Raum, haben soeben einen Quantensprung gemacht.
Seit 18 Monaten arbeiten Tom Stromberg und Matthias von Hartz gemeinsam an der konzeptionellen Erneuerung dieses biennalen Festivals. Die Wolldecken gehören dazu, nebst weiblichen Hinterteilen darauf. Sie finden sich auf einer neuen Plakatserie, die für die neue Ausrichtung steht. Konzipiert hat sie der Berliner Foto-Anarcho Daniel Josefsohn, bekannt für spektakuläre New-Look-Serien in bundesdeutschen Szenemagazinen. Bevor das Weibliche medienwirksam Böses ahnt – Männer finden sich auf den Impulse-Plakaten auch, bei Josefsohn mal sehr nett mit Penispumpe. Für das 14. Impulse Festival entwickelte er neben der Litfasssäulen-Hardware als auch vier Image-Videos, die den Veranstaltungsorten zugeordnet sind. „Das ist mit den Tourismuszentralen der Städte abgesprochen“, sagt Tom Stromberg böse zweideutig und grinst. Ein Hauch Spontitum wird also Ende des Jahres durch NRW wehen. Endlich.
Dafür hat Stromberg die Mitarbeit von Szenekenner Matthias von Hartz zur Bedingung gemacht. Der programmierte bereits politisch-künstlerische Themenwochenenden in Düsseldorf. Stromberg, einst Intendant am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und durch seine langjährige Arbeit am TAT in Frankfurt bekannt, kannte die „Impulse“ bereits gut. Stromberg saß 2002 und 2004 im Auswahlgremium. Gemeinsam haben sie die Kriterien verschärft, indem sie die nun großzügiger auslegen. Tanz- und Bühnen- Performances werden auch berücksichtigt, wenn sie der Jury bis September auffallen. Einige Entscheidungen für die sechs bis sieben Stücke sind allerdings schon gefallen. Dazu kommen noch drei bis vier internationale Produktionen, die Impulse für das deutsche Theater geben können. „Das ist auch ein kulturpolitisches Statement“, sagt von Hartz. Die Impulse hätten in den Jahren zuvor fast ein eigenes Ensemble gebildet. Jetzt sollen sie aus NRW herausragen. Dazu hat man mit der Bundeskulturstiftung und dem Goethe-Instituten Mitstreiter und Financiers gefunden.
Der Preisträger des diesjährigen Impulse-Festivals wird 2008 bei den Wiener Festwochen, beim Zürcher Theaterspektakel und beim Theatertreffen in Berlin zu sehen sein. Darüber hinaus wird eine internationale Jury eine Produktion auswählen, die das Goethe-Institut bei einer internationalen Tour unterstützen wird. So werden die besten Produktionen der diesjährigen Impulse weiter zu sehen sein. „Was sind dagegen schon die ehemaligen 5.000 Euro Preisgeld“, fragt Tom Stromberg.
Das Festival im November und Dezember kann in einer Woche komplett gesehen werden. Manchmal drei Aufführungen an einem Tag per Bus-Shuttle. Das sei ein Zugeständnis an die auswärtigen Dramaturgen und Theaterleute, die als Besucher kämen, aber auch gewollter Stress. „Nur durch Überforderung entsteht ein Festivalgedanke“, sagt Stromberg.
Das scheint auf den ersten Blick auch die neue Finanzierung zu sein. Christian Esch, Direktor des NRW-Kultursekretariats in Wuppertal, das die Impulse in Bochum, Mülheim, Düsseldorf und Köln ausrichtet, behauptet, rund ein Drittel mehr Geld zu haben. 745.000 Euro sei der Etat in diesem Jahr schwer, inklusive den Mitteln der Bundeskulturstiftung (165.000 Euro). Bisher habe man mit rund 480.000 Euro auskommen müssen. Allerdings wurde bei der Rechnung der neue zweijährige Turnus nicht berücksichtigt. Hoffentlich keine Überforderung. „Mehr Geld, mehr Qualität“, murmelt Tom Stromberg.