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Spionage zwischen taz-Zeilen

■ Bremer Staatsschutz liest taz und enttarnt darin „enge Stasi-Kontakte“

Landesverräter haben es in Bremen verdammt schwer. Denn jeden Morgen beugt sich das wachsame Auge des Gesetzes nein, nicht über sie, sondern über die Morgenzeitung, zum Beispiel die taz. Jeder nachrichtendienstliche Hinweis zwischen den Zeitungszeilen wird von den Beamten des 14. Kommissariats der Bremer Kripo - zuständig für Landesverrat und Rechtsextremismus - gnadenlos ausgewertet. Und plötzlich stehen die Herren des Morgengrauens vor der Tür.

Am Donnerstag nachmittag

klingelte es bei dem niederländischen Bremer und ambitionierten Leserbriefschreiber Gerrit Guit. Herr Warnke, per Kripo-Dienstmarke ausgewiesen, tritt ein. Ohne lange zu fackeln, kommt er zur Sache: „Wir haben in der taz von ihren engen Stasi-Kontakten gelesen, da wollte ich mich mal erkundigen.“ Das saß. Welcher Landesverräter möchte nun noch leugnen. Denn tatsächlich: Am 7.4. stand ein Leserbrief von Guit in der taz. Zwar hatte er den Hinweis auf seine „engen Stasi- und DDR-Justiz-Kontakte“ geschickt

in einem Nebensatz versteckt, doch im 14. Kripo-Kommissariat wird die taz nicht nur überflogen, sondern Zeile für Zeile mit höchster Wachsamkeit gefilzt.

Ein schöner Erfolg krönt jetzt die Mühsal: Der per Leserbrieflesen aufgespürte Gerrit Guit hatte wirklich enge Stasi-Kontakte. Und zwar schon 1959. „Weder Ulbricht-Heer noch Nato-Wehr“ hatte der Pazifist damals in Neubrandenburg zu seinen Arbeitskollegen gesagt. Die Folge: dreieinhalb Monate Untersuchungshaft und nach dem Urteil „im

Namen des Volkes“ weitere 12 Monate Knast. „Nur mit Rücksicht darauf, daß der Angeklagte erst wenige Monate die gesellschaftlichen Verhältnisse in unserem Staat kannte und er in einem kapitalistischen Staat erzogen wurde, wurde keine höhere Strafe ausgesprochen“, hieß es in der Urteilsbegründung der DDR-Richter.

Dreißig lange Jahre hatte es gedauert, doch nun waren Guits „enge Stasi-Kontakte“ doch noch - und nur wenige Wochen nach Abschaffung der Stasi - vom Bremer Staatsschutz entdeckt. „Eigentlich müßte das ja bei der Erfassungsstelle in Salzgitter erfaßt worden sein“, entschuldigt sich Kriminalist Wagner, „aber dafür bezahlt Bremen ja nicht mehr; ein großer Fehler übrigens.“

Das findet Guit auch, fragt sich allerdings, bei welcher Erfassungsstelle die „engen Verfassungsschutzkontakte“ bundesdeutscher Oppositioneller erfaßt werden - zum Beispiel die 15 Monate Knast für den Bremer Kommunisten Hermann Gautier.

Da muß Herr Wagner passen. Ihm reicht für heute die Freude über das getane Enttarnungswerk. Verabschiedet sich freundlich und grüßt Guit zum Abschied mit den Worten: „Ich bin doch kein Kommunistenfresser.“

Ase

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