piwik no script img

Spiele ohne Grenzen und

■ Hammoniale: Taraf de Haidouks begeisterten mit Hochgeschwindigkeitsmusik

„Nummer 1 der Welt-Musik Charts!“ Wenn einem dergleichen Vorschußlorbeeren aus dem Programmheft entgegenjubeln, ist man geneigt, den Künstlern besonders kritisch Gehör zu schenken. Wie dem auch sei: Taraf de Haidouks hielten am Sonntag bei der Hammoniale auf Kampnagel vorher gehegtem Zweifel trotzdem gelassen stand.

Das wochendliche Hammoniale-Motto „Wir gehen Wege ohne Grenzen“, das der Kultur der Roma und Sinti galt, wurde durch die insgesamt neun rumänischen Musiker nur noch weiter manifestiert. Tatsächlich waren die Ursprünge einzelner Bestandteile ihrer Musik nicht mehr klar auszumachen. Das spielte für das Publikum auch nicht die geringste Rolle. Nach dem ersten Stück war man bereits so hingerissen, daß der Anfang des nächsten Liedes beinahe vom nicht enden wollenden Begeisterungssturm verschlungen wurde.

Bei annähernd jedem Stück wechselten die Solisten und Sänger, die sowohl vom technischen Aspekt, als auch besonders von ihrer leicht verschrobenen Ausstrahlung die Sympathie der Hörer sogleich auf ihrer Seite hatten. Manche erinnerten gar an stoisch introvertierte Blues-Traditionalisten.

Nicht nur die ständigen Besetz-ungswechsel, sondern auch die dramaturgisch geschickte Anordnung der Stücke sorgten bei zeitweise aufkommenden Längen umgehend für Auflockerung. Wie bei einem Punk-Konzert wurden besonders die schnellen Stücke, die zum Teil sogar noch die Zwei-Minuten-Grenze unterschritten, entsprechend frenetisch gefeiert.

Die aus einem Dorf bei Bukarest stammenden Roma waren auf ihren Instrumenten derart flink, daß sie mit ihrer atemberaubenden Fingerfertigkeit vermutlich selbst Metal-Hochgeschwindigkeitsmusikern den Rest hätten geben können.

Beim Finale fanden sich alle Musiker, die zuvor teilweise die Bühne verlassen hatten, wieder ein. Das Publikum hatte dennoch noch nicht genug: Nach einem zweiminütigen Trampel- und Johl-Inferno gaben Taraf de Haidouks klein bei und kehrten zu einer Zugabe zurück.

Jan-Christoph Wolter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen