: Spfr. Stiller nicht still
■ Das Auswärtsspiel der Sportfreunde Stiller – die umfassende taz-Analyse
Personal:Sportfreunde Stiller setzen auf junge Musiker: Brugger, Linhof und Weber sind alle unter 25 Jahre. Das Trio wurde bisher vor allem bei Heimspielen in München gefeiert, hat jedoch auch schon bei Auswärtsauftritten in Amateurclubs zu überzeugen verstanden. Vor größerem Publikum bei dem Turnier „Rock am Ring“ machten sie im Vorspiel auf sich aufmerksam. Ein erster Länderspieleinsatz in Usbekistan wurde im August mit Bravour bestritten – trotz widriger Umstände im Hexenkessel von Taschkent.
Der hünenhafte Linhof, nach der ersten EP auf der Baßposition für Erhard zum Team gestoßen, ist aus der Auftrittsbesetzung nicht mehr wegzudenken.
Taktik: Die Sportfreunde treten in der klassischen Grunge-Dreierkette an, die vom US-Verein Nirvana zu gelegentlicher Perfektion entwickelt wurde. Auch hierzulande fand diese Formation ihre Nachahmer, speziell in den Hamburgern Tocotronic, deren Durchmarsch noch in bester Erinnerung ist. Doch das Temperament der individuellen Spielerpersönlichkeiten unterscheidet die Münchner deutlich von ihrem nordischen Pendant. Brugger führt das Spiel an Gitarre und Gesang mit Energie und flotten Sätzen, wenn auch manche Reime im jugendlichen Überschwang ins Leere gehen.
In Spielpausen gefällt er aber mit charmanten Aussagen ohne das verbreitete „Ja gut, ich sach' mal“. Linhof dreht eindrucksvoll an den Schwungrädern und übernimmt an der Orgel auch Sonderaufgaben. Als verläßlicher Taktgeber übertreibt Weber zwar manchmal die Lautstärke, doch prägt gerade diese Eigenart die Unberechenbarkeit des Teams.
Spielverlauf: Von Manager Marc Liebscher, der sich in der Indie-Pop-Liga seine Meriten verdient hat, wird das Team behutsam, aber beharrlich aufgebaut. Statt die drei Talente mit einer verfrühten CD zu verheizen, ließ er sie Kurzeinsätze auf zwei selbstfinanzierten EPs bestreiten. Dem wachsenden Publikumszuspruch tat dabei auch ein Namenswechsel keinen Abbruch. Ein Hamburger Bezirksligaverein namens Stiller hatte bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Einspruch erhoben. Doch mit dem Zusatz „Sportfreunde“ im Namen haben die Bajuwaren aus der Namensnot eine Tugend gemacht: Er entspricht ihrem Charakter.
taz-Prognose: Mutig und mit großem Einsatz erobern die Sportfreunde Terrain in der Tabelle der Popmusik. Das eingespielte Team verfügt über eine große Perspektive, aber abgerechnet wird erst am Schluß.
Felix „Sportfreund“ Bayer Do, 15. Oktober, Anpfiff: 21 Uhr, Molotow
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