: Spezies Mensch
■ "Pro Individuum - Pro Spezies", Leserbrief von Klaus Andreas Wiersig, taz vom 29.8.90
betr.: „Pro Individuum - Pro Spezies“, Leserbrief von Klaus Andreas Wiersig, taz vom 29.8.90
Wiersig schreibt, ...der Spruch, daß das Beste für das Individuum nicht notwendig das Beste für die Spezies bedeutet, ...sei faschistisch. Und er geht sogar soweit zu behaupten, daß es tatsächlich der Art ausgezeichnet geht, sofern jedem einzelnen Individuum das Beste gegeben und ermöglicht wird.
Tatsache ist: Wenn jedem heute lebenden Menschen das zur Verfügung stünde, was sich ein Mitteleuropäer als optimalen Standard für seine Entfaltung erhofft (...) , dann wäre schon heute auf der begrenzten Erde ein Überleben der Spezies Mensch, die ja einen weit größeren Zeitraum umfaßt, als ein Individuum, nicht mehr möglich. Der Verbrauch an Energie, Rohstoffen oder Landschaft durch die Menschen, die das Beste für sich ermöglichen können, ist ungeheuerlich. Simpelste Mathematik reicht aus, selbst dem unverbesserlichsten Forschrittsgläubigen klarzumachen, daß das irdische Leben irreversibel geschädigt oder zerstört wäre, wenn jeder jetzt lebende Mensch soviel verbrauchen würde, wie auch nur ein Durchschnittseuropäaer. Von den darüber liegenden Ansprüchen gar nicht zu sprechen.
Ich halte den wahllosen Gebrauch des Faschismusvorwurfs für jeden, der es wagt, dem quasireligiösen Anthropozentrismus gewisser linker städtischer Zirkel naturwissenschaftliche Fakten entgegenzuhalten, für den billigsten Argumentationsersatz.
Es ist an der Zeit, sich auch hier einmal über die Umverteilung und solidarischen Verzicht Gedanken zu machen.
Dorothea Meinsen, Friesenoythe
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