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Archiv-Artikel

Sperrmüll schafft Jobs

Mit einem Sozialkaufhaus will Wuppertal sein Sperrmüllproblem lösen und Sozialhilfeempfänger für den Arbeitsmarkt fit machen. Hagen ist Vorbild

„Echte Arbeitsplätze werden immer rarer. Daran ändern auch wir nichts“

VON ULLA JASPER

Wenn private und öffentliche Kassen leer sind, aber mehr Müll als je zuvor produziert und weggeworfen wird, dann liegt es nahe, aus Müll Geld zu machen. Auf diese Idee ist jetzt auch die Stadt Wuppertal gekommen, die mit einem Sozialkaufhaus Sperrmüll verkaufen und gleichzeitig Arbeitslosen eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglichen will.

Vorbild für Wuppertal ist das Hagener Sozialkaufhaus. In dieser Einrichtung werden gut erhaltene Möbel, Elektrogeräte und andere Haushaltsgegenstände, die eigentlich auf dem Sperrmüll landen sollten, zu günstigen Preisen verkauft. „Hintergrund der Pläne ist der ständige Ärger im Bereich der Sperrmüllabholung“, so Martina Eckermann, Sprecherin der Stadtverwaltung. Seit einiger Zeit würde der bereitgestellte Sperrmüll immer häufiger von „gewerblichen Fledderern aus Polen, Litauen und Russland“ zerpflückt und teilweise mitgenommen, glaubt sie. Dies habe zu erheblichen Belästigungen der Anwohner und zu Streitereien geführt, so Eckermann. Es würden nun verschiedene Möglichkeiten geprüft, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Eine Delegation der Wuppertaler Stadtverwaltung hat sich deshalb zusammen mit einigen Lokalpolitikern über das Sozialkaufhaus „Möbel und Mehr“ in Hagen informiert. Dort werden auf dem Gelände einer ehemaligen Bonbon-Fabrik im Hagener Stadtteil Eckesey restaurierte Möbel und andere Einrichtungsgegenstände ausgestellt und verkauft. Doch das Sozialkaufhaus ist mehr als nur ein Second-Hand-Möbelladen. Im Werkhof, dem Träger des Kaufhauses, arbeiten rund hundert Sozialhilfeempfänger unter Anleitung sieben qualifizierter Handwerker an der Restauration und Aufbereitung alter Möbelstücke. Die Stadt, die 49 Prozent der Anteile am Werkhof hält, übernimmt die Lohnkosten der Sozialhilfeempfänger. Weitere Kosten müssen durch den Verkauf von Möbeln oder durch Spenden erwirtschaftet werden.

Neben der handwerklichen Arbeit sollen Weiterbildungsmodule, Sprachkurse und Beratungsangebote die Sozialhilfeempfänger fit machen für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt: „Mittlerweile sprechen 60 Prozent unserer Mitarbeiter kein Deutsch. Das ist natürlich auf dem Arbeitsmarkt das größte Einstellungshindernis“, sagt Thomas Herzog, Leiter des Sozialkaufhauses. Deshalb gehört nun eine Lehrerin, die Deutsch unterrichtet, zum Team der Ausbilder. Trotz aller Erfolge ist auch der Leiter des Projekts nicht euphorisch: „Echte Arbeitsplätze werden einfach immer rarer, daran können auch wir nichts ändern“, so Herzog.

Ob und wann Wuppertal wirklich dem Hagener Beispiel folgen wird, steht aber noch in den Sternen. Zwar gibt es auch in der Stadt der Schwebebahn mit ihren rund 25.000 Sozialhilfeempfängern und einer Arbeitslosenquote von 12,9 Prozent einen großen Bedarf an Arbeitsplätzen, Qualifizierungsmaßnahmen und günstigen Einrichtungsgegenständen. Und auch Wohlfahrtsorganisationen wie das Wichernhaus, das bereits alte Möbel und Geräte anbietet, haben Interesse an dem Kaufhaus-Projekt. Doch die kommunalen Kassen sind so leer, dass eine Beteiligung der Stadt unwahrscheinlich ist. Denn für Wuppertal gilt die „vorläufige Haushaltswirtschaft“, also de facto eine Haushaltssperre. Verwaltungssprecherin Eckermann: „Wegen der Haushaltssperre sind uns die Hände gebunden. Eine finanzielle Beteiligung ist deshalb wohl nicht möglich.“