: Sparquoten verteilt
■ Finanzsenator gibt Aufteilung der Haushaltseinsparung bekannt / „Zuwendungsempfänger“ sind disponibel Von Kaija Kutter
„Nun wird es ernst“, beginnt eine Mitteilung, die Finanzsenator Ortwin Runde gestern im Rathaus verteilen ließ. Die „Sparraten“ für das Jahr 1994 sind auf die Hamburger Behörden verteilt. Wegen „dramatischer Einbußen“ bei den Steuereinnahmen müssen im diesjährigen Haushalt 65 Millionen Mark gespart werden. Spitzenreiter ist die Sozialbehörde mit 12,6 Millionen Mark, dicht gefolgt von Schule und Wissenschaft mit jeweils knapp 9 Millionen (siehe Liste).
Bei der Verteilung sei man nicht nach politischen Vorgaben vorgegangen, erklärte Senatssprecherin Jutta Köhn. Das Schlüsselwort der Spardiskussion heißt „disponibel“. Von den 15,3 Milliarden Mark des Betriebshaushaltes gehen zunächst 6,6 Milliarden für Personal und 1,7 Milliarden für Zinsen ab. Von den verbleibenden 6,9 Milliarden Mark werden noch einmal „gesetzliche Leistungen“ wie Sozialhilfe subtrahiert. So bleiben 1,34 Milliarden Mark, die „disponibel“ sind.
Der Anteil der einzelnen Behörden an diesem Sparkuchen entspricht nicht ihrem Anteil am Haushalt, sondern dem Anteil, der in die „disponible Masse“ mit eingebracht wurde. Die BAGS, beispielsweise, hat mit 40 Prozent einem Löwenanteil an den Sach- und Fachausgaben. Sie erbringt aber „nur“ 19 Prozent der Sparquote, weil man Sozialhilfe nicht wegstreichen kann. Die Wissenschaftsbehörde trägt mit 14 Prozent eine fast genauso große Last.
Erhöhte Nervosität ruft die Sparquote nun bei den Freien Trägern hervor. Nicht nur in Harburg (taz berichtete), auch in Eimsbüttel und Wandsbek gehen Erzieher und Sozialarbeiter auf die Barrikaden. Jugendarbeit wird in großem Umfang von freien Trägern bewerkstelligt, die als „Zuwendungsempfänger“ eben „disponibel“ sind. Da die Schulbehörde Kindertagesheime, Unterrichtsmittel und Gebäudeerhaltung ausdrücklich ausnimmt, spitzt sich die Kürzungsgefahr auf diesen Bereich sowie auf die Weiterbildung zu. Zwar hat die Schulbehörde, die die Mittel über den „Landesjugendplan“ verteilt, eine kleine Sicherung eingebaut - 80 Prozent der Personalkosten für Zuwendungsempfänger gelten als „nicht disponibel“. Dies sei aber „keine Bestandsgarantie“, sagt BSJB-Sprecher Ulrich Vieluf. Es könnte sein, daß einzelne Träger geschlossen werden. Dies bedeute aber nicht, daß die „disponiblen“ 20 Prozent gestrichen werden.
Konkreteres war gestern auch von den übrigen Behörden nicht zu erfahren, die binnen zwei Wochen dem Senat Vorschläge machen müssen. Von der Windkraftförderung bis zur kostenlosen Schiffentsorgung sei allerhand „disponibel“, sagt beispielsweise Kai Fabig von der Umweltbehörde, die mit 6,4 Millionen an vierter Stelle steht. Ob die Streichung sinnvoll ist, ist eine andere Frage.
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