■ Nachtrag zum Nachtragshaushalt: Sparen für Beton
Anfang des Jahres saß der Buhmann noch in Bonn. Die Bundesregierung sei schuld, lamentierte Berlins Stadtregierung, daß der Haushalt für dieses Jahr neu eingetütet werden muß, weil sie die Bundesmittel für die Hauptstadt drastisch gestrichen hatte. Daraufhin bastelten CDU und SPD so lange, bis sie die Staatsausgaben um 1,3 Milliarden Mark reduziert hatten. Nun sollte in den kommenden zwei Wochen nur noch das Abgeordnetenhaus zustimmen. Sollte – denn schon wieder kommt alles anders. Diesmal aber sitzt der Bösewicht in Berlin: Bausenator Wolfgang Nagel.
140 Millionen Mark fordert Berlins größter Bauherr für das Entfernen unterirdischer Verkehrsanlagen im Spreebogen, um an selber Stelle neue bauen zu können. Nebenbei weist er auf die drängenden Termine hin, von denen der Umzug der Bundesregierung abhängt. Eigentlich sollte ja kein Pfennig mehr gespart werden können, deshalb – so die offizelle Argumentation beispielsweise gegenüber Eltern- und Erzieherlobby – sei man um die Kürzungen im Bildungs- und Sportbereich nicht herumgekommen. Es sei bedauerlich, aber eben nicht zu ändern gewesen, daß man auf den Bau von zehn Schulen, siebzehn Sportplätzen und Turnhallen sowie vierzehn Kindertagesstätten und etlichen Umbauten verzichten muß (Sparsumme: 76 Millionen Mark). Nun muß erneut umgeschichtet werden. Dabei wird sich zeigen, daß eben selbst in dem festgezurrtesten Haushalt Spielräume sind. Spielräume, die der Senat nicht nutzen wollte, um den Sozialetat von Kürzungen zu verschonen. Doch wo jetzt Nagel mit dem Umzugstermin droht, werden Finanzsenator Pieroth schon Haushaltstitel einfallen, die er vor einigen Wochen noch zu Gunsten von neuen Kindergartenplätzen hätte kappen können. Dem Bausenator kann man also eigentlich nur dankbar sein, weil er den Berlinern vor Augen führt, wofür in dieser Stadt tatsächlich gespart wird. Für einen Straßentunnel, auf den man verzichten kann. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen