Spardebatte der Arbeitsagentur: Knoblauch für Dracula
Im Haushalt, den die Bundesagentur für Arbeit im Herbst aufstellt, wird es eine Menge Ermessensspielräume geben. Die könnten allerdings auch der Politik nicht schaden.
D er Konflikt droht: Wenn die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Herbst ihren Haushalt für das kommende Jahr aufstellt, wird sie wohl nicht mal eben 1,5 Milliarden Euro an Kürzungsvorschlägen bringen, wie im "Sparpaket" von der Bundesregierung vorgesehen. Das Bundesarbeitsministerium wird den BA-Haushalt dann möglicherweise nur mit einer strengen Sparauflage genehmigen. Es wird ein Hin und Her geben im Gezerre um "Ermessensleistungen", die man kappen könnte. Um "Spielräume" in den Arbeitsagenturen, die man beschneiden kann. Die Frage der Spielräume ist interessant. Auch für die Politik.
Auch wenn die Konjunktur sich gut entwickelt, wird ein Zwang zur "Konsolidierung" des BA-Haushaltes bestehen bleiben. Da könnte man aber noch ganz andere Zahlenspiele eröffnen als diejenigen, mit denen wir uns jetzt herumschlagen sollen. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung liegt nach wie vor bei niedrigen 2,8 Prozent, vor vier Jahren betrug er noch 6,5 Prozent. Als die Abgabe gesenkt wurde um 0,9 Prozentpunkte im Jahre 2007, verlor die Bundesagentur 5,8 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen. Mit solchen Summen kann man einen Haushalt prima konsolidieren. War es nicht die Kanzlerin, die über "Ermessenspielräume" geredet hat in den vergangenen Wochen, auch wenn sie dabei nur die Arbeitsagenturen meinte?
Es gibt auch ein politisches "Ermessen": Man könnte wieder über die Einnahmeseite des Sozialstaates sprechen. Sogar FDP-Politiker denken derzeit angeblich über eine Erhöhung von Steuersätzen nach, was so viel bedeutet, wie wenn sich Graf Dracula ein Knoblauchgericht kocht. Anstatt den Sachbearbeitern in den Arbeitsagenturen die Spielräume zu kappen, könnte die Politik also ihre eigenen Spielräume erweitern. Und wieder über höhere Beiträge reden. Es wäre eine spannende Umkehrung.
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