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Spätkauf

■ Blendung in Boston

Nach einer Silvesterparty nimmt die 38jährige Christine Chandler den zwölf Jahre jüngeren Scott De Salvo mit nach Hause. Mehr als einen one night stand hat sie nicht im Sinn. Doch zehn Monate später wird sie des gewalttätigen Angriffs, der Verstümmelung und des versuchten Mordes an ihm angeklagt. Die Sensationspresse nennt sie die „Furie von Boston“. Der schmale Kriminalroman der Südafrikanerin Jenefer Shute ist die überzeugende Erzählung einer amour fou am Fin de siècle. Christine ist ihren Einmal-Liebhaber nicht losgeworden, warum, kann sie sich nicht erklären. Doch genau das muß sie für ihre Verteidigung tun. „Meine Anwältin hat mich ermahnt, nicht zu sehr die Intellektuelle hervorzukehren, aber ich kann trotzdem nicht umhin...“ – es ist die spröde Sprache der Protagonistin, die den Reiz der Geschichte ausmacht. „Wenn ich sagen darf“; „Betonen möchte ich jedoch“; „Gestatten Sie mir, an dieser Stelle auf folgendes hinzuweisen“; Christine Chandler ist die beinharte, selbstbewußte Intellektuelle, die sie nicht sein darf; die gesuchte Anwältin für Einwanderungsrecht, die ihren Fall so präzise wie möglich darlegt und seziert. Daher macht sie kein Drama daraus. Aber hinter ihrer kühlen exakten Sprache steckt exakt das Drama. „Und wenn du dich hier jemals wieder blicken läßt, glaub mir, kratze ich dir die Augen aus.“ Genau das ist die unerhörte Begebenheit. BW

Jenefer Shute: „Trügerische Nähe“. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1997, 12,90 DM

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