: Sozis suchen Nachwuchs im Osten
■ Der Mitgliederpegel der SPD im Ostteil der Stadt ist auf 1.700 Mitglieder gefallen
Berlin. Da kriegt sogar der chronisch erfolglose Fußballzweitligist Blau-Weiß mehr Leute auf die Ränge als die Ostberliner Sozialdemokraten Mitglieder haben. Der Mitgliederstand im Ostteil der Stadt ist von über 3.000 auf katastrophale 1.700 gefallen. Deshalb will die Berliner SPD nun als Konsequenz aus der schweren Wahlniederlage vom 2. Dezember 1990 vor allem im Ostteil der Stadt neue Mitglieder werben. Im Mittelpunkt der Aktion sollen Beratungsangebote zu den Themen Wohnen, Mieten und Arbeitslosigkeit stehen, sagte der Landesgeschäftsführer Reinhard Roß gestern vor Journalisten. Gezielt angesprochen werden sollen vor allem Arbeiter, junge Menschen und Frauen. Die Mitgliederzahl — 27.000 im Westteil Berlins und nur noch 1.700 im Ostteil — müsse deutlich über 30.000 angehoben werden.
Der Landesausschuß der Berliner Sozialdemokraten beschäftigte sich am vergangenen Wochenende in einer Klausurtagung mit den Konsequenzen aus dem Ergebnis der letzten Wahl, bei der die SPD nur noch auf 30,4 Prozent gekommen war. Als eine Ursache sei die mangelnde Vermittlung der Politik bei den Bürgern und eine nicht ausreichende Abstimmung zwischen Senat, Fraktion und Partei angesehen worden, sagte Roß. Es seien grundlegende Veränderungen notwendig, um wieder über die 40-Prozent-Marke zu kommen. Nahziel sei es, bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen im nächsten Jahr das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
Auf einem Landesparteitag will sich die SPD am Samstag mit der wirtschaftlichen und sozialen Situation der FNL beschäftigen. Dazu liegt ein Leitantrag des Landesausschusses vor, in dem die Solidarität des Westens eingefordert wird. Die soziale Not in den fünf neuen Ländern und in Berlin werde den inneren Frieden gefährden, warnte der SPD- Landesvorsitzende Momper. Die bisher von der Bundesregierung versprochenen Programme reichten bei weitem nicht aus.
In dem Leitantrag wird unter anderem ein öffentliches Investitionsprogramm für die ostdeutschen Länder sowie ein Wirtschaftsförderungsgesetz gefordert. Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Investitionen müsse Vorrang vor Eigentumsansprüchen bekommen. Die Treuhandanstalt müsse dem Wirtschaftsministerium unterstellt werden, um klare industriepolitische Vorgaben zu erhalten. Außerdem müßten die Haushaltsdefizite in den neuen Ländern unter anderem durch den Verzicht auf die geplante Abschaffung der Vermögenssteuer und der Gewerbekapitalsteuer voll finanziert werden. dpa
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