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Archiv-Artikel

Sozis meiern Strieder ab

SPD-Fraktion stimmt mit überwältigender Mehrheit von 34 zu 7 für den Radikalausstieg im sozialen Wohnungsbau – und damit gegen ihren Landeschef. Strieder auch im Senat weitgehend alleine

von STEFAN ALBERTI

Die SPD im Abgeordnetenhaus hat sich gegen den Widerstand von Landesparteichef Peter Strieder und mehrerer ihrer Bauexperten für einen Totalausstieg bei der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau entschieden. Bei einer Fraktionsklausur in Cottbus folgten 34 SPD-Abgeordnete der von Finanzsenator Thilo Sarrazin vertretenen radikalen Lösung und nur sieben der weicheren Variante einer Expertenkommission, die sich Stadtentwicklungssenator Strieder zu Eigen gemacht hatte. Die Fraktion des Koalitionspartners PDS will sich erst am Dienstag festlegen. Die für morgen geplante Entscheidung im Senat verschiebt sich so um eine Woche.

Auch in der Landesregierung stehe Strieder mit seiner Position weitgehend alleine, war gestern aus Senatskreisen zu hören. Schon vergangene Woche war dort von einer „Neigung zum Totalausstieg“ die Rede. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte bei der Klausur heftig für die Radikallösung geworben. Sie steht für das sofortige Ende eines Fördermodells, bei dem das Land ansonsten über weitere 15 Jahre die Lücke zwischen Sozialmiete und tatsächlichen Kosten gedeckt hätte. Für 25.000 Wohnungen der Jahrgänge 1987 bis 1997 wären 3,3 Milliarden Euro fällig gewesen.

Kern des Streits war der Mieterschutz gegen zu erwartenden höheren Mieten. Der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Schimmler, wünschte sich dazu angesichts einer „unübersichtlichen Gefechtslage“ mehr Möglichkeiten und votierte für die Strieder-Variante. So hätten auch die meisten anderen Baupolitiker abgestimmt. Das Ergebnis bezeichnete er dennoch als „tragbaren Kompromiss“. Am Dienstag will sich seine Fraktion mit der PDS abstimmen, am Donnerstag soll die Anschlussförderung auf Antrag der Grünen Thema im Parlament sein.

Der Landesvorstand der PDS beschloss am Wochenende, ebenfalls bei einer Klausur, „die ruinöse Wohnungsbau-Förderung zu beenden“. Dabei seien aber Mieterinteressen zu beachten. PDS-Bauexperte Bernd Holtfreter spricht sich dabei, ähnlich wie die Expertenkommission, für einen Vertrag zwischen Land und Eigentümern aus. Dieser Weg schaffe zudem Rechtssicherheit. SPD-Mann Schimmler geht in jedem Fall von Prozessen aus: „Wir alle wissen, dass Klagen kommen werden.“

Strieder-Sprecher Hannes Hönemann wies den Eindruck zurück, der SPD-Chef sei durch das Abstimmungsergebnis beschädigt. Man sei sich im Ziel, dem Ausstieg, einig gewesen. Strieder habe sich als „Mietersenator“ nur noch stärker der Interessen der Mieter annnehmen wollen. Insofern gebe es keinen Anlass, über einen frustrierten Abgang aus der Politik zu spekulieren. Strieder hatte in den vergangenen 14 Monaten mehrere Schlappen einstecken müssen.