: Sozialversicherung ohne Skepsis
■ Ministerium Hildenbrandt verteilt Pluspunkte an die Sozialversicherung der DDR
Berlin (taz) - Als deutliches Rentenplus bewertete die Ministerin für Arbeit und Soziales, Regine Hildebrandt, daß die Alters- und Invalidenrentner seit Juli durchschnittlich 24 Prozent mehr Geld beziehen. Rund 60 Millionen DM werden monatlich aufgewendet, um in 660.000 Fällen niedrige Renten durch einen Sozialzuschlag aufzustocken. Jedem Rentner sind mindestens 495 DM im Monat garantiert. Dabei handele es sich nicht, wie von manchem Rentner angenommen, um eine Mindestrente. Witwenrenten und ähnliches wird nicht zusätzlich gezahlt. Da insgesamt rund 5,5 Millionen Renten zur Währungsunion in kürzester Zeit überprüft und umgerechnet werden mußten, konnten einige Pannen nicht verhindert werden. Oftmals stimmt der Rentenbescheid für Monat Juli nicht mit dem tatsächlichen gezahlten Betrag überein. Da pauschal bei der Zahlung zusätzlicher Versorgung, die Rente nicht erhöht wurde, haben in vielen Fällen Rentner weniger als 495 DM erhalten. Sie können nachträglich bei der Sozialversicherung den Sozialzuschlag beantragen.
Ungeachtet der Schwierigkeiten, so die Ministerin, habe die Sozialversicherung der DDR bewiesen, daß sie in einer schwierigen Übergangsphase funktionsfähig geblieben ist. Für Skepsis und Katastrophengerede bestehe kein Anlaß. Jedoch sei die Einheitszahlung von von 495 DM ungerecht. Abhilfe erwarte sie durch die dynamische Rentenanpassung, die entsprechend der Nettolohn-Entwicklung in diesem Jahr noch zu einer 5prozentigen Erhöhung der Beträge führen könnte. Im Ergebnis der Sozialunion ist die Rückkehr zu einem gegliederten System der SV, das dem der BRD entspreche, vorgesehen. Die einheitlichen Trägerschaft für die einzelnen Versicherungszweige - Kranken-, Renten- und Unfallversicherung - kann ohne Störung der Versorgung nur abgelöst werden, wenn die neuen Träger ein DDR-weites Netz aufgebaut haben. Hinsichtlich der Ausnutzung der seit 1. Juli 1990 gültigen Sozialgesetze beklagte Ministerin Hildebrandt insbesondere, daß zu wenige Betriebe die Zahlung von Kurzarbeitsgeld als Maßnahme gegen drohende Arbeitslosigkeit erwägen. Bisher käme hauptsächlich die DDR -Variante zur Anwendung, d.H. Kurzarbeit als Übergang zur Arbeitslosigkeit. Wichtig sei aber, daß - wie in der Bundesrepublik üblich - auch überlebensfähige Betriebe diese Möglichkeit nutzen, um das Sanierungstief mit Erfolg zu überwinden.
irg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen