: Sozialschwache verlieren Wohnungen
■ Ältere Mieter schutzlos gegen skrupellose Vermieter
Mit großer Sorge beobachtet der Mieterverein zu Hamburg, daß zunehmend ältere Menschen aus ihren Wohnungen vertrieben werden. „Die wirtschaftliche Skrupellosigkeit einiger Vermieter macht vor alten, wehrlosen Mitbürgern nicht halt“, sagte der Vorsitzende des Mietervereins, Eckard Pahlke, gestern auf einer Pressekonferenz.
Eine 86jährige Mieterin, die namentlich nicht genannt werden möchte, wurde von ihrem Vermieter vor die Wahl gestellt: Entweder 600 Mark mehr Miete zahlen oder innerhalb von zwei Monaten aus der 84-Quadratmeter-Wohnung in Niendorf ausziehen. Bereits jetzt zahlt sie über 1000 Mark - für ein Haus, das durch das Niendorfer Moorgebiet feucht ist und Risse hat. Ihr Pech: Sie hat ohne ihr Wissen nur einen Untermietvertrag abgeschlossen, der gewerbliche Hauptmieter gibt die Wohnung auf. „Die Frau kann trotzdem dort bleiben“, meint Eckard Pahlke. Sie selbst hat sich nach einer Nervenentzündung inzwischen wieder erholt. Doch Sicherheit gibt es für ältere Mieter schon längst nicht mehr. Eine 74jährige wurde jüngst vom Amtsgericht Wandsbek verurteilt, ihre Wohnung zu räumen. „Das kommt ganz auf den Richter an“, erläutert Pahlke, „der eine ist selbst Mieter und versteht die Probleme; doch ein anderer ist vielleicht nebenbei Vermieter.“ Es gelte jetztt die Öffentlichkeit zu mobilisieren.
Darum geht es auch Peter Schröder-Reineke vom Diakonischen Werk Hamburg. Er stellte gestern die Aktion „Nacht der Wohnungslosen“ vor, die am 25. Juni europaweit stattfinden wird. „Wir wollen deutlich machen, wie groß die Not der Obdachlosen ist“, sagte er. Am Aktionstag soll es Diskussionen und ein Kulturprogramm auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz geben. Das Thalia- Theater gibt eine Benefizvorstellung. Danach werden Betroffene, Prominente und interessierte Menschen gemeinsam auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz an der Mönckebergstraße übernachten.„Die Unterversorgung von Menschen mit Wohnraum muß öffentlich problematisiert werden“, meinte Schröder-Reineke. Die Menschenwürde werde sonst ad absurdum geführt. „Die Obdachlosen sind einer ständigen Kontrolle ausgesetzt, weil sie sich nirgendwohin zurückziehen können. Ihre Individualität geht dabei immer mehr baden.“
Torsten Schubert
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