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Archiv-Artikel

Sozial unausgewogene Politik

betr.: „ ‚Die CDU hat den Schwächeren den Krieg erklärt‘, meint Herr Hengsbach“, taz vom 1. 11. 03

Liebe Ulrike Herrmann, Sie gehen in Ihrem Interview mit Herrn Hengsbach davon aus, dass die Stimmen, die die SPD wegen ihrer sozial unausgewogenen Politik verliert, von der Union gewonnen werden. Das ist m. E. nicht richtig: Bei den bayerischen Landtagswahlen hat die SPD verglichen mit den Wahlen von vor vier Jahren 1,5 Mio Stimmen verloren, die CSU hat ihre Stimmen gehalten, hat also von der SPD nicht hinzugewonnen. Und: Die CSU setzt sich – mindestens verbal – für die „kleinen Leute“ ein, siehe Gesundheitsreform, aber auch vorgezogene Steuerreform, die die öffentlichen Haushalte weiter ruinieren würde.

Wie die Brandenburger Zahlen ausgesehen haben, weiß ich nicht, in der taz waren nur Verhältniszahlen veröffentlicht, aber wenn die Wahlbeteiligung von 78 Prozent auf 46 Prozent zurückgegangen ist und die CDU ihren Stimmenanteil vergrößern konnte, rechne ich auch hier damit, dass die CDU ihre Stimmen gehalten und die SPD Stimmen an die Nichtwähler verloren hat, die vielleicht – anders als Sie in dem Interview vermuten – derselben Ansicht wie Herr Hengsbach sind, dass Lohnkürzungen, Zwangsteilzeit, Minijobs, Sozialhilfeempfänger, die zu unbezahlter Arbeit gezwungen werden, während bezahlte Jobs abgebaut werden, nicht zu Wirtschaftswachstum führen. Wenn Sie davon ausgehen, dass Herr Hengsbach „recht allein“ mit seinen Ansichten sei, kann der Irrtum – verzeihen Sie – auch bei Ihnen liegen.

GUDRUN ROGGE, Berlin