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Sowjet lehnt Minister ab

■ Oberster Sowjet lehnt Bestätigung von Bewerber erstmals ab

Moskau (afp) - Der Oberste Sowjet hat gestern erstmals die Bestätigung eines Bewerbers für ein Regierungsamt verschoben. Der stellvertretende Ministerpräsident und Leiter der Kommission für auswärtige Wirtschaftsbeziehungen, Wladimir Kamenzow, erhielt 246 Ja-Stimmen und 97 Nein -Stimmen bei 56 Enthaltungen und verfehlte damit die absolute Mehrheit der insgesamt 542 Abgeordnetenstimmen. Die Abstimmung sollte zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden. Witalij Dogujow wurde mit großer Mehrheit als stellvertretender Ministerpräsident und Leiter eines Amtes für „außerordentliche Situationen“, das heißt für Katastrophen, bestätigt. Außenminister Schewardnadse wurde einstimmig gewählt.

Kamenzow gehörte zu den 63 Anwärtern für die neue Regierung, deren Bestätigung durch die Parlamentsausschüsse mit Bedenken versehen wurde. Sechs Bewerber waren abgelehnt worden, zwei hatten sich aus eigenem Entschluß zurückgezogen und für das Amt des Umweltministers fand sich erst gar kein Kandidat, so daß Regierungschef Ryschkow neun neue Bewerber vorschlagen muß. Die Abgeordneten kritisierten Kamenzows Tätigkeit als Außenhandelsminister seit 1986. Dem früheren Fischereiminister, der nach eigenem Bekenntnis „keine Fremdsprachen spricht“, fehle es an Professionalität.

Der radikale sowjetische Reformer Boris Jelzin befürchtet für die UdSSR eine Revolution an der Basis, wenn sich die Lebensverhältnisse nicht innerhalb von zwei Jahren verbessert haben. „48 Millionen leben unterhalb der Armutsschwelle, was bedeutet, daß wir am Rande des Abgrunds stehen“, beschrieb Jelzin seinen Eindruck von der Lage in der Sowjetunion. Die Geduld der Bevölkerung sei in spätestens zwei Jahren erschöpft.

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