Volksentscheid : Souverän erteilt sich Reifezeugnis
40 Prozent der HamburgerInnen haben sich an dem Volksentscheid für stärkere Volksentscheide beteiligt. Mehr nicht. Das hat der CDU wahrscheinlich eine Niederlage erspart und ist für den Verein „Mehr Demokratie“ und seine Verbündeten eine Enttäuschung. Trotzdem bescheinigt diese Beteiligung den Hamburger WählerInnen demokratische Reife. Und sie ist ein starkes Argument für mehr Bürgerbeteiligung.
KOMMENTAR VON GERNOT KNÖDLER
Bei dem Volksentscheid ging es um eine Materie, die an sich kompliziert ist und in ihren Folgen schwer absehbar: Beteiligungsquoren, Zustimmungsquoren, die Verfahrensstufen – die Aussicht, sich damit beschäftigen zu müssen, dürfte auf viele abschreckend wirken. Dass sich 40 Prozent eines Wahlvolks, das angeblich durch Fernseh-Konsum verblödet und des Lesens anspruchsvoller komplexer Texte unfähig ist, die Mühe machen, ist da aller Ehren wert.
Erstaunlich viele Menschen kennen zwar so manchen Politiker nicht, sind aber an Sachfragen interessiert. Bei der Volksabstimmung über den Verkauf der Krankenhäuser haben die HamburgerInnen gezeigt, dass sie zu differenzieren wissen: Sie wählten Ole von Beust zum Bürgermeister, seinen Klinik-Deal aber lehnten sie ab.
Volksentscheide regelmäßig zu kassieren, heißt, diese Leute zu verhöhnen. Auf Dauer kann das nicht gut gehen.