: Sorgenkind Gesundheitssystem
Bonn (dpa/taz) — Die Gesundheitsversorgung in den fünf neuen Bundesländern soll nach den Vorstellungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen, einem Zusammenschluß der führenden Verbände und Institutionen im Gesundheitswesen, „so rasch wie möglich“ an das Niveau im bisherigen Bundesgebiet herangeführt werden. Die Spitzenvertreter des Gesundheitswesens einigten sich am Montag in Bonn nach sechstündiger Diskussion unter Vorsitz von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) auf eine umfangreiche, aber auch niemanden konkret bindende Erklärung, wie die Umgestaltung bewerkstelligt werden soll. Danach wird die Bundesregierung, die der Krankenversicherung im alten DDR-Gebiet bereits in diesem Jahr Betriebsmittel in Höhe von drei Milliarden Mark zur Verfügung stellte, auch für die Liquidität der ab 1. Januar 1991 einzurichtenden neuen Krankenkassen in der DDR sorgen. Der Beitragssatz zur Krankenversicherung soll in der Ex-DDR bis Ende des Jahres auf 12,8 Prozent des Einkommens eingefroren werden. Das bedeutet jedoch, daß die Ärzte, Kliniken, Apotheker und andere Gesundheitsberufe auf dem DDR-Gebiet zunächst wesentlich niedrigere Umsätze erzielen werden als ihre Kollegen im Westen.
Blüm hatte zu Beginn der Sitzung davor gewarnt, die Umstellung „im Hau-Ruck-Verfahren“ anzugehen. Der Minister verlangte vor allem ein Ende der „flächendeckenden Kündigungen“ der Mitarbeiter von Polikliniken und Ambulatorien, die in der alten DDR die ambulante Versorgung von etwa 90 Prozent der Bevölkerung getragen hatten. Im Deutschlandfunk stellte Blüm aber auch klar, daß die Polikliniken langfristig abgeschafft würden. Die Konzertierte Aktion begrüßte dazu eine Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, Kommunen und Kassenärzte, nach der die Bezahlung der Leistungen dieser Einrichtungen über Vorschußzahlungen gesichert werden soll. Die Konzertierte Aktion unterstützte auch eine Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Krankenkassen, der Bund müsse sich bei der Sanierung der Krankenhäuser in der Ex- DDR finanziell beteiligen. Nur ein Drittel der 441 Hospitäler entspreche in etwa westlichem Standard. Aber auch bei diesen müsse die technische Ausstattung verbessert werden. Blüm sprach sich für ein Investitionsförderungsprogramm aus.
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