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Soll die PDS die Vereinigung von 1946 als Unrecht anerkennen

■ Die Ja-oder-nein- Alternative macht blöd

Die Frage ist einfach, und einfache Antworten haben Konjunktur. Also: War die Vereinigung von SPD und KPD vor fast 50 Jahren in der sowjetischen Besatzungszone eine Zwangsvereinigung – ja oder nein? Bei „ja“ locken Gewinne: Einstieg in die Zusammenarbeit mit der SPD, möglicherweise auf Landesregierungsebene, mit „ja“ hätte sich die PDS reingewaschen von einer Vergangenheit sozialistisch- kommunistischer Bewegungen, in der es auch Zwang gab und mehr. „Ja“ wäre quasi das Eintrittsbillet in den Kreis der Demokraten, wie sie sich seit 1945 in der Bundesrepublik mehrheitlich definieren. Genauer betrachtet, doch kein so verlockender Gewinn. Also: „Nein“?

Die Ja-nein-Alternative diskreditiert die Fragenden. Statt Erkenntnis verlangen sie ein Bekenntnis. Bekenntnisse aber verhindern meistens Erkenntnisse.

Wer seriös über 1945/46 diskutieren und daraus Schlüsse ziehen will, muß 1933 einbeziehen: den Sieg des Faschismus, zu dem der Kampf zwischen SPD und KPD und die Sozialfaschismustheorie der Kommunisten beigetragen haben. In den unmittelbaren Nachkriegsjahren waren Demokraten eine Minderheit. Ist es auf diesem Hintergrund nicht verständlich, daß es unter den Arbeiterparteien starke Einheitsbestrebungen gab, im Westen wie im Osten? Zudem haben die jeweiligen Siegermächte ihre Politik gemacht, mit den Einheitsbestrebungen wie mit den Differenzen.

Nach den Erfahrungen von Weltkrieg, KZs, Völkermord haben alle großen Parteien damals einen Zusammenhang von Kapitalismus und Faschismus hergestellt. So im Ahlener Programm der CDU, die SPD sah im Sozialismus die Tagesaufgabe, die KPD orientierte sich auf eine antifaschistisch-demokratische Ordnung. Dokumente dazu liegen vor. Das Gespräch darüber steht noch aus.

Die Einheitspartei ist politisch gescheitert. Sie ist untergegangen, unwiderruflich. Die Einheit, die sie stark machen sollte, erstarrte zur Formel und wurde ihre Schwäche. Politik, Gesellschaft und Parteien leben von Widersprüchen. Werden sie verbannt, beginnt der Niedergang. Als lebendig erweist sich immer wieder der Wunsch, gemeinsam Zustände zu verändern, die als unerträglich empfunden werden – irgendwie und irgendwo.

Gemeinsamkeit bei Kenntnis und Akzeptanz der Gegensätze könnte eine mögliche linke Antwort auf die konservative Formierung der Gesellschaft sein. Und dafür bedarf es keiner Entschuldigung.

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