: So werben Armeen um Nachwuchs
betr.: „Krieger und Freaks“, taz vom 16. 5. 02
Selten war in einer respektablen Zeitung auf so engem Raum so viel gefährlicher Unsinn zu lesen: „Counterstrike“ ist ein „Geschicklichkeitsspiel“, bei dem man „auch Frühstückseier köpfen könnte“ – was allerdings langweiliger wäre. Wieso ist das virtuelle Töten von Menschen unterhaltsamer als das Köpfen (!) von Frühstückseiern? Und wann wird auch das als Terroristenabwehr getarnte Morden „auf die Dauer langweiliger“ als … welche Steigerung darf man sich dann vorstellen?
Es ist banal, dass Computerspiele alleine keine Mörder machen, sonst liefen tausende davon herum. Aber sie tragen zur generellen Desensibilisierung gegenüber Gewalt bei. Der Autor demonstriert das sehr erschreckend: „Es geht nicht darum, ein Blutbad anzurichten“ – wie beruhigend! –, „sondern eher um Teamarbeit.“ Mit solchen und ähnlichen Slogans werben Armeen gerne um ihren Nachwuchs.
Mir scheint der Autor einer Haltung verfallen zu sein, die man analog zum „Populismus“ als „Juvenilismus“ bezeichnen könnte. So wie dieser nach der Lufthoheit über die Stammtische zielt, so sorgt sich Herr Baumgärtel um die Lufthoheit über die Chatrooms. Was auch immer dort verzapft wird und einem neuen Produkt der Unterhaltungsindustrie millionenschwere Kundschaft sichert, wird von jedem kritischen Einwand unbehelligt als neue Form der Jugendkultur gefeiert. […].
„Dass Computerspielen oft der Einstieg in eine Karriere als Programmierer ist“ – genau mit dieser Hoffnung lassen ahnungslose Eltern ihre Kids vor dem Bildschirm Spiele ausprobieren, bei denen ihnen eigentlich Angst und Bange werden sollte. Statt hier im Insiderjargon der Gamerszene zu weihräuchern, wären Überlegungen angebracht, wie dieser Wahnsinn zu stoppen ist.
MANFRED PAUL BUDDEBERG, Frankfurt/Main
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