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Smog ist nun mal ihr Berufsrisiko

■ Smog–Alarmstufe 1 - da versuchen viele, Sondergenehmigungen fürs Autofahren zu bekommen Eine Reportage über den „run“ auf die Freifahrtscheine aus Deutschlands Manhatten

Aus Frankfurt Heide Platen

Um 18 Uhr, längst über Behörden– Feierabend hinaus, brennt im Erdgeschoß der Mainzer Landstraße 323 noch Licht. Die Straßenverkehrsbehörde macht Überstunden. Der große Unterrichtsraum ist zur provisorischen Schalterhalle umgeräumt. Zehn Angestellte bedienen fünf Telefone. Und die schellen und schellen und schellen. Bedient werden auch die zahlreichen Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich hier am Dienstag abend die Klinke in die Hand geben. Sie alle wollen eine „Smog–Sondergenehmigung“. Manche sind hinterher bedient. Behördenleiter Igor Vogt, passionierter Pfeifenraucher, sagt: „Wir legen einen strengen Maßstab an.“ Manchen Firmenchefs habe er „sehr sarkastisch“ sagen müssen, daß er sich freue, daß ihnen jetzt endlich einfalle, daß ihre Autos keinen Drei–Wege–Katalysator hätten und daß sie eine Sondergenehmigung brauchten. „Und das“, meint er kopfschüttelnd, „obwohl die Presse jeden Winter über Smog schreibt“. Taxen seien vom Fahrverbot ausgenommen, aber Mietwagen–Verleihern sage er generell, Smog sei ihr Berufsrisiko. Sie müssen den Zweck ihrer Fahrten belegen. „Einfach so“ ihre Wagen vermieten dürfen sie nicht. Auch einem Arzt, der mal eben die Sprechstundenhilfe zum Abholen eines „Freifahrtscheines“ vorbeigeschickt hatte, habe er gesagt, er müsse jede einzelne Fahrt auf ihre Dringlichkeit hin „glaubwürdig machen“. Seinen Angestellten gibt er Rückendeckung. Sie sollten sich nur nicht nervös machen lassen von Leuten, „die in letzter Minute kommen“. Die Atmosphäre im Raum ist überraschend ruhig und gelassen, der heitere Ausnahmezustand sozusagen. Geduldig pendeln die Antragstellerzwischen dem Unterrichtsraum und der Kasse, um das begehrte Papier mit dem roten Diagonalbalken zu bekommen. Eine junge Frau hat für die Wagen ihrer Firma - Reparaturen von Heizungs– und Klimaanlagen - drei Genehmigungen ergattert. Sie wollte eigentlich mehr, „aber immerhin“, sagt sie einsichtig. Der langhaarige Obst– und Gemüsefahrer bittet um Verständnis: „Für mich selbst privat hätte ich das nie beantragt!“ Der blasse blonde junge Mann mit Brille will in Urlaub fahren. Wie er denn aus dem Sperrbezirk herauskomme mit Gepäck und Auto? Gar nicht, wird er belehrt. Er habe die Möglichkeit, innerhalb von sechs Stunden nach Ausrufen der Alarmstufe 1 seinen Wagen auf einen der Park– and Ride Parkplätze am Stadtrand zu fahren. Er wird auch gleich vor die große Wandkarte geführt. Da und dort und dort könne er parken. Am Telefon immer wieder die Standardauskunft: „Da müssen Sie Ihr Auto eben stehen lassen!“ „Viele Leute haben einfach bis heute nicht begriffen, daß es Park and Ride gibt. Das müssen sie eben lernen“, sagt Vogt. Ein älterer Herr sucht für eine Hausverwaltung um etliche Genehmigungen nach. Er bekommt eine für den Hausmeister. Ein junger Malermeister macht sich Sorgen um seine beiden Angestellten, wenn sein Firmenwagen stillstehen muß. Für ihn gilt: Nur Transporte zu Baustellen sind gestattet. Medikamententransporteure und Krankenpflegerinnen bekommen ihre Genehmigung anstandslos, Pharma–, Versicherungs– und Lebensmittelvertreter nicht. „Sie können“, befindet Fritz Viel, der die schwierigen Fälle beruhigt und bearbeitet, „ihre Geschäfte vorübergehend am Telefon erledigen“. Zwei– Wege Katalysator nach Euro–Norm? Nichts ist. Solch geizige Zeitgenossen müssen umrüsten oder laufen. Der „Kandidat des Tages“ war für Fritz Viel ein Schornsteinfeger. Der lehnte es ab, Straßenbahn zu fahren. Er mache, sagte er, dabei „die Leute schmutzig“. Viel riet ihm, sich erst „am Arbeitsplatz“ umzukleiden.

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