Slalomkönigin Maria Riesch: "Man fährt wie im Rausch"
Die 24-jährige gewinnt wieder einen Weltcupslalom. Die Stimmung im Team könnte besser kaum sein. Endlich können auch andere deutsche Skifahrer mit den Weltbesten mithalten.
Der Papa schoss ein Foto nach dem anderen, gerade so, als ob es nicht schon genug Bilder von Siegerehrungen mit der schnellen Tochter gäbe im Hause Riesch. Aber der zehnte Erfolg von Maria Riesch im alpinen Skiweltcup war doch ein besonderer. Am Sonntag gewann sie in Maribor ihren vierten Slalom hintereinander und schaffte damit, was zuvor 35 Jahre keiner deutschen Skirennläuferin gelungen war: Die Berchtesgadenerin Christa Zechmeister hatte in der Saison 1973/74 ebenfalls Torläufe in Serie dominiert. Genauso wie bei Riesch waren es vier gewesen.
Wie schon in La Molina, als die unglaubliche Serie der 24 Jahre alten Garmisch-Partenkirchenerin begonnen hatte, deklassierte sie die Konkurrenz bereits im ersten Durchgang. 1,25 Sekunden war sie schneller als die erste Verfolgerin, Kathrin Zettel aus Österreich. Dabei war ihr nicht einmal ein fehlerfreier Lauf gelungen. Kurz vor dem Ziel patzte sie - und handelte sich anschließend prompt eine kleine Rüge von Cheftrainer Mathias Berthold ein. "Das ist ihr schon zwei, drei Mal passiert, da muss man konzentrierter sein." Es ist natürlich des Trainers Pflicht, Fehler anzusprechen, aber wenn eine Athletin so derartig dominierend unterwegs ist, klingt die Kritik fast schon grotesk.
Im zweiten Durchgang genügte Maria Riesch ein Sicherheitslauf, um immerhin noch mit 1,15 Sekunden Vorsprung vor Zettel zu gewinnen. Die Dritte, Tanja Poutiainen aus Finnland, hatte schon 1,77 Sekunden Rückstand. "Ich musste da nicht mehr das letzte Risiko gehen, denn es war ein Puffer da. Es wäre hirnlos gewesen, noch einmal voll anzugreifen", sagte Maria Riesch, die eigentlich vor dem Finale nur eines fürchtete: auszuscheiden.
Eine Erklärung, warum sie plötzlich der Konkurrenz derart um die Ohren fährt, hat sie nicht. "Man muss nicht mehr viel nachdenken, wenn die Sicherheit da ist. Es passiert alles von alleine. Man fährt wie im Rausch runter", sagt die Slalomkönigin dieses Winters. In keiner anderen Disziplin spielt das Selbstvertrauen eine so große Rolle wie in jener, in der die Athletinnen und Athleten so eng um die Tore fahren, dass sie bei jedem Schwung Gefahr laufen einzufädeln. "Das ist reine Kopfsache", findet Alpindirektor Maier: "Maria hat eine gewisse Sicherheit und ein sehr schönes Timing, und das spielt sie voll aus."
Derzeit scheint sie höchstens Lindsey Vonn im Slalom bremsen zu können - wenn die Amerikanerin halbwegs fehlerfrei durchkommt. Am Sonntag hatte die Gesamtweltcupsiegerin des vergangenen Winters ihre Chancen, der Freundin den Sieg streitig zu machen, im ersten Durchgang eingebüßt, als sie beinahe gestrauchelt wäre. Im zweiten Durchgang verbesserte sie sich mit Laufbestzeit immerhin noch auf Rang vier. "Wir hatten gehofft, wieder gemeinsam auf dem Podium zu stehen", sagte Vonn. "Aber ich war im ersten Durchgang zu langsam und Maria zu schnell. Aber ich bin für sie sehr zufrieden, sie fährt eine wunderbare Saison."
Die Siege von Maria Riesch haben in der ersten Hälfte der Saison die Schwierigkeiten der alpinen Abteilung übertüncht. Die zweite Garde findet nicht so recht den Anschluss an die Weltelite, und bei den Männern schwächelte auch noch der einzige deutsche Weltklassefahrer. An diesem Wochenende haben nun sowohl die Frauen die Monokultur beendet als auch Felix Neureuther mit seinem dritten Platz im Slalom von Adelboden seine kleine Krise. Am Samstag bereits war Kathrin Hölzl nach zweijähriger Pause als Dritte des Riesenslaloms von Maribor wieder auf dem Siegerpodest gelandet. Und die andere Riesch ist davon nicht mehr so weit weg, wie sie schon einmal war. Susanne Riesch schaffte nach Rang zehn in Zagreb vor einer Woche nun in Maribor als Zwölfte die Qualifikation für die Weltmeisterschaft im Februar in Val-dIsère und ist damit zweitbeste deutsche Slalomfahrerin.
Maria Riesch hat im Gesamtweltcup 113 Punkte Vorsprung vor Lindsey Vonn, kein großes Polster, wie sie findet. Denn die Weltcupserie mit Slaloms und Riesenslaloms ist erst einmal beendet und damit womöglich der Siegeszug von Maria Riesch. Dagegen könnte jetzt der von Lindsey Vonn beginnen. Die Amerikanerin beherrschte im vergangenen Jahr die Abfahrten beinahe nach Belieben und gewann auch die erste und bisher einzige in diesem Winter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!