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Skandal um Naumann-Stiftung in Nicaragua

Vizepräsident Godoy erhielt Mittel der Naumann-Stiftung / Verwendung der Mittel ungeklärt / Verdacht der persönlichen Bereicherung / Parteienfinanzierung nicht auszuschließen / Naumann-Stiftung sucht Skandal zu verdecken / Redeverbot für Ex-Mitarbeiter  ■  Aus Managua Leonhard/Harzer

Nicaraguas neuer Vizepräsident Virgilio Godoy ist schon am Beginn seiner Amtszeit ein umstrittener Mann. Auf der einen Seite befindet er sich - gemeinsam mit den Contras - in offener Rebellion gegen die neue Staatschefin Violeta Chamorro, weil diese General Humberto Ortega als Armeechef bestätigt hat. Andererseits lastet auf ihm der Vorwurf, Gelder der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) zur persönlichen Bereicherung oder zur Förderung seiner Partei verwendet zu haben.

Diesen Vorwurf bestreitet die Stiftung, sie ist aber nicht in der Lage, ihn zu entkräften. Im vergangenen November wurde Godoy, damals Parlamentsabgeordneter, für weitere Ermittlungen seiner Immunität enthoben.

Die Gelder waren für das „Zentrum sozialer Forschungen und Studien“ (CEIS) bestimmt. Dieses der Godoy-Partei nahe Forschungsinstitut hat nach nicaraguanischem Recht aber einen ungeklärten Rechtsstatus.

Jahrelang liefen Zahlungen über ein Privatkonto Godoys in Panama. Der Direktor des Instituts, Jose Manuel Gutierrez, und andere dort beschäftigte Funktionäre beschuldigen den Chef der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI), über die Verwendung der Mittel nie Rechenschaft abgelegt zu haben.

Als 1986 erste Ungelmäßigkeiten bekannt wurden, schloß die Stiftung ihre Vertretung in Managua und schränkte die Zusammenarbeit mit Godoy und dessen Partei stark ein. Dokumente, die die taz einsehen konnte, deuten aber darauf hin, daß Virgilio Godoy noch im vergangenen Jahr Naumann -Spenden für den Wahlkampf verwendete. Die Finanzierung von Parteien ist den bundesdeutschen politischen Stiftungen jedoch verboten.

In einem am 4. Juli 1989 datierten Schreiben an den damaligen Minister für Entwicklungszusammenarbeit, Henry Ruiz, bittet Godoy um Freigabe einer Papierschneidemaschine und einer Reihe von Druckmaterialien im Gesamtwert von über 15.000 US-Dollar, „eine Schenkung, die uns von der Friedrich -Naumann-Stiftung gesandt wurde“, aus dem Zoll.

In dem Brief, der auf einem Blatt mit dem Briefkopf der Partei abgefaßt ist, stellt sich Godoy als Präsident der Unabhängigen Liberalen Partei vor. Wenn er von „uns“ spricht, ist also zu unterstellen, daß er die Partei meint. Auf eine diesbezügliche Anfrage der Grünen an den Bundestag, lautete die Antwort, eine derartige Spende sei an das CEIS ergangen.

Der Oberste Wahlrat, der zu dieser Zeit für die Genehmigung von Parteispenden zuständig war, genehmigte in einer Entscheidung vom 5. Oktober 1989 die Einfuhr der „Schenkung der Friedrich-Naumann-Stiftung an diese politische Partei“.

Godoy gab vor einem in Managua eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu Protokoll, daß das CEIS, also der vorgebliche Projektpartner, während der Zeit der vollen Zusammenarbeit mit der FNS, noch gar nicht bestanden habe. Inzwischen gebe es aber ein Forschungszentrum gleichen Namens, das ein reines Organ seiner Partei sei.

Ob die Stiftung von Godoy bewußt hinters Licht geführt wurde, müßte bewiesen werden. Auffällig ist, daß Volker Lehr, FNS-Verteter in Bogota, der seit vier Jahren Nicaragua mitbetreut, sich im August 1989 in einem Brief nach den Statuten und den Mitgliedern des CEIS erkundigte. Bis dahin waren bereits zigtausende Mark an oder über das Institut geflossen. Über deren Verwendung weiß außer Virgilio Godoy niemand Bescheid.

Der Stellvertreter des Stiftungsleiters Gottfried Wüst, Herr Johannen, bestätigte am 26. April in einem Interview mit dem Berliner „Radio 100“, daß „Zweifel bestehen, ob alle rechtlichen Erfordernisse beachtet worden sind, und daß offenbar Informationen, die „wir (über das CEIS) bekommen haben, auch nicht immer ganz zutreffend oder zureichend waren“. Umso erstaunlicher, daß Herr Johannen dennoch keinen Zweifel daran hat, „daß wir die Partei nicht gefördert haben. Ich habe selber mehrfach längere Gespräche mit Herrn Godoy in Managua geführt“. Godoy wird damit zum Kronzeugen für seine eigene Integrität.

Für die Stiftung ist entscheidend, daß es schriftliche Belege gibt, die gegenüber dem BMZ belegen, daß keine direkte Parteiförderung stattgefunden hat. „Nur aus diesem Grund“, so Johannen, „haben wir ja überhaupt die sogenannten Vorfeldorganisationen wie CEIS oder 'Serena‘ (die Vorgängerinstitution bis 1984) geschaffen.“

Wofür die über Virgilio Godoys Privatkonto kanalisierten Gelder und die an ihn adressierten Sachmittel verwendet wurden, ist nie offengelegt worden.

Die Zeitschrift 'Paso a Paso‘, für die Godoy im August 1988 Druckgeräte im Wert von 18.294,62 US-Dollar via FNS -Guatemala erhielt, hat im Juli 1989 ihr Erscheinen wieder eingestellt. Wer im Bundestag nach der Mittelverwendung fragt, wird an die Stiftung verwiesen.

Stiftungsleiter Gottfried Wüst erklärte vergangenes Jahr in Managua gegenüber der taz: „Herr Godoy hat mir versichert, daß alles in Ordnung ist.“

Gleichzeitig waren der Stiftung aber viele Mittel recht, Nachforschungen zu stoppen. Dem 1986 über Nacht entlassenen Stiftungsvertreter Hans Grebe wurde ein Schweigegebot auferlegt. Und obwohl die Anschuldigungen gegen Godoy nicht von den damals regierenden Sandinisten, sondern von Mitgliedern der eigenen Partei ins Rollen gebracht wurden, machte die Stiftung Druck auf die Regierung.

„Die FNS macht die Abhaltung einer internationalen Frauenkonferenz vom 4. bis zum 6. Oktober 1989 in Managua mit der Staatsministerin des AA (Auswärtigen Amts), Dr. Irmgard Adam-Schwätzer, davon abhängig, daß die Verleumdungen der FNS in Nicaragua öffentlich und mit Bedauern zurückgenomen werden“, heißt es in einer damals in Managua verteilten Presseerklärung, „andernfalls wird diese Konferenz in einem Nachbarland Nicaraguas stattfinden“.

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