Sipri-Bericht zu Militärausgaben: Die Welt rüstet weiter auf
Neben China geben auch die USA und Europa mehr Geld für Waffen aus. Das 2-Prozent-Ziel der Nato erreichen aber nur wenige Mitgliedsstaaten.
1.686.000.000.000 Dollar wurden im Jahr 2016 weltweit in das Militär gesteckt. Das sind 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr oder 227 Dollar pro Person. Die kurze Periode leicht sinkender Rüstungsausgaben zwischen 2012 und 2014 scheint damit wieder vorbei zu sein, konstatiert das Friedensforschungsinstitut Sipri, das diese Zahlen in seinem am Montag erschienenen jährlichen „World Military Expenditure“-Trendbericht veröffentlicht hat. Nun gehe es wieder bergauf – wie schon ununterbrochen zwischen 1998 und 2011.
Die beiden größten Militärmächte spielen bei diesem Zurück zu wachsenden Rüstungsausgaben eine entscheidende Rolle, wie die Daten des Stockholmer Instituts zeigen: ein Plus von 1,7 Prozent in den USA und 5,4 Prozent in China. „Trotz andauernder Ausgabenbremsen für das gesamte US-Budget wurde die Erhöhung der Militärausgaben vom Kongress genehmigt“, sagt Aude Fleurant, Direktorin des Sipri-Waffen- und Militärausgabenprogramms.
Auch für Russland, die drittgrößte Militärmacht, zeigt die Statistik ein Plus von 5,9 Prozent. Laut den Friedensforschern beinhaltet diese Zahl aber die Begleichung aufgelaufener Staatsschulden bei Rüstungsproduzenten. Ohne diese ergäbe sich für 2016 ein Minus von zwölf Prozent.
Auch in Europa wurden die Rüstungsetats wieder deutlich aufgestockt, insgesamt um 2,8 Prozent, in den osteuropäischen Ländern um 3,5 Prozent. Lettland und Litauen erhöhten ihr Budget sogar um 44 beziehungsweise 35 Prozent.
Russland als größere Bedrohung
Dieses Wachstum könne zumindest teilweise darauf zurückgeführt werden, „dass Russland als größere Bedrohung wahrgenommen wird“, meint SIPRI-Mitarbeiter Siemon Wezeman, „und das trotz der Tatsache, dass sich die russischen Militärausgaben 2016 nur auf 27 Prozent derer der gesammelten europäischen Nato-Mitgliedsstaaten belaufen haben“. Der US-Militäretat allein – 611 Milliarden Dollar oder 36 Prozent aller weltweiten Militärausgaben – entspricht dem 8,8-Fachen des russischen und knapp dem Dreifachen des chinesischen (215 Milliarden Dollar).
Mit den Bemühungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, „eine Steigerung des Militäretats durchzusetzen“, erklärt Sipri das im europäischen Vergleich überdurchschnittliche Plus des deutschen Etats um 2,9 Prozent. Das sogar elfprozentige Plus Italiens führen die Friedensforscher auf Anstrengungen zurück, „die einheimische Rüstungsindustrie zu fördern“.
Eine spezielle Studie widmet Sipri den möglichen Folgen der Forderung Washingtons, dass die europäischen Nato-Länder ihre Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufstocken. Das Institut merkt an, dass diese Zielmarke, auch wenn sie in den frühen 2000er Jahren vereinbart wurde, „auf die Frühzeiten des Kalten Kriegs zurückgeht“. Alle europäischen Nato-Länder außer Frankreich, Estland und Griechenland unterschreiten die Zweiprozentmarke derzeit.
Umverteilung von Staatsausgaben
Sollte Deutschland der US-Forderung nachkommen, würde es mit 69 statt 41,1 Milliarden Dollar auf den vierten Platz der Militärmächte rücken. Damit läge es nur knapp hinter Russland (69,2 Milliarden) und noch vor Saudi-Arabien (63,7 Milliarden Dollar).
„Möglich wäre das nur mit einer Erhöhung der gesamten Staatsausgaben oder einer Umverteilung aus anderen Bereichen“, beispielsweise dem Sozialbudget, warnt Sipri. Die gesammelten Nato-Militärausgaben würden sich im Falle einer Realisierung der Zweiprozentforderung mit 962 Milliarden Dollar – derzeit 881 Milliarden – auf 57 Prozent des weltweiten Wertes oder auf das Zweieinhalbfache der chinesischen und russischen Ausgaben zusammen belaufen.
Die weltweiten Rüstungsausgaben haben die Zweiprozentmarke mit insgesamt 2,2 Prozent bereits genommen, konstatiert Sipri. Regional liegt hierbei der Nahe Osten mit 6 Prozent an der Spitze. Saudi-Arabien gibt rund ein Zehntel seines Nationaleinkommens für Rüstung aus, Israel 5,8 Prozent. Für Indien stieg dieser Wert in den vergangenen zehn Jahren von 2,3 auf 2,5 Prozent, in den USA sank er von 3,8 auf 3,5 Prozent. In Russland liegt er mit 5,3 Prozent auf dem höchsten Niveau seit das Land ein souveräner Staat ist.
Global entsprechen die 1.686.000.000.000 Dollar dem Zwölffachen der öffentlichen Entwicklungshilfe. Hier schafften es die Industrieländer nicht, die vor beinahe fünfzig Jahren beschlossene Marke von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwischenzeitlich auch nur zur Hälfte zu erfüllen.
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