: Simpler Beißreflex
betr.: „Der Kopf hinter Merkel“ (Søren Kierkegaard), taz vom 12. 1. 05
Eine nette Idee den kinderlosen, christlichen Individualisten zum Kopf hinter der kinderlos, christlich, pfarrerstöchterlichen Kanzlerin zu stilisieren, das Kompliment, ob des überragenden Intellekts des Ideengebers, wird sie freuen.
Aber was hat die Repräsentantin neuer Gemeinsamkeit mit dem eitlen Zweifler nur seines Seins nun gemein, als christliche Kinderlosigkeit? Stellt diese Reduktion in den Ausführungen nicht einen simplen Beißreflex dar, begibt sich auf Boulevardniveau, indem sie Person, Amt und Partei gleichsetzen?
Der Vergleich gäbe mehr her, etwa aus der Gegenüberstellung protestantischer Verantwortungsethik nach Bonhoeffer und pietistischer Selbstgewissheit oder den fragwürdigen Auswüchsen US-präsidialer Prägung. Schade drum, aber befriedigt wird jedenfalls die Masse der puristischen Überschriftenleser lächeln, das wussten sie doch schon immer … JENS TUENGERTHAL, Berlin