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Archiv-Artikel

Sie sind, wie sie sind

Beim politischen Aschermittwoch der schleswig-holsteinischen FDP feierten Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki und sein Parteichef Guido Westerwelle ihre Freundschaft und holzten gegen Grün

Aus ElmshornMarkus Jox

Eigentlich wäre in Zimmer 006 der Nordakademie Elmshorn an diesem Mittwochabend Japanisch lernen angesagt gewesen. Doch der Seminarraum der privaten Hochschule ist besetzt: Knallend springt die Türe auf und heraus eilt, im Stechschritt und mit Bodyguards, Doktor Guido Westerwelle, Bundesvorsitzender der FDP. Den politischen Aschermittwoch hat der kregele Rheinländer am Morgen in Passau begangen, jetzt gilt es noch hurtig den Schulterschluss mit dem Spitzenkandidaten im schleswig-holsteinischen Wahlkampf zu demonstrieren.

Im Audimax warten bei Salzstangen und Sekt bereits die potenziellen Wähler, darunter viele gut gekleidete Jungmänner Anfang Zwanzig, die sich halblaut darüber unterhalten, ob die Deutsche Bank nun zeitnah aufgekauft werde oder nicht.

Wolfgang Kubicki, der smarte Graumelierte, gleitet alert ans Rednerpult, und aus den Lautsprechern schrammelt der Hit „Ich bin, wie ich bin“. Es folgt die Standardrede des Fraktionschefs: Die 180.000 Arbeitslosen im Land und die Kuschelpädagogik. Schuld an all dem Übel sind die Grünen. Und deshalb muss der Politikwechsel her. „Wachstum wollen. Kubicki wählen“ heißt sein Werbe-Claim.

Während Kubicki spricht, flimmert hinter ihm Anti-Rot-Grün-Propaganda über eine Videoleinwand: „Wir haben die Grünen umgetauft in ‚Bündnis 90 – Die Lügen‘“, dröhnt Kubicki in Anspielung an die von den Grünen eigens für ihr Wahlprogramm erfundenen Personen (taz berichtete), und hinter ihm, gleichsam am Pranger, wird Umweltminister Klaus Müller ins Bild gerückt. Im Gegenschnitt folgen Plakate, auf denen „Wir haben grüne Ökos satt“ oder „Öko-Unsinn“ prangt.

Der Kieler Rechtsanwalt pflügt sich routiniert durch seine Wahlkampfrede. Fehlen darf weder der Binnenreim „Grün und Rot spart Bildung tot“ noch folgende stupende Erkenntnis: „Arbeitslosigkeit hat eine Farbe, die ist rot; Arbeitslosigkeit hat auch eine Ursache, die ist grün.“

Ehe der Kandidat jetzt an „meinen Freund Guido Westerwelle“ übergibt, bringt er noch schnell ansatzlos eine Kubickieske unter, die mehr über das Verhältnis der beiden Parteifreunde sagt als alles partnerschaftliche Gegrinse: „Zur Bildungspolitik wird mein großer und genialer Bundesvorsitzender noch weitere Ausführungen machen.“

Süßholz raspelnd bedankt sich der Parteichef bei seinem „Anwaltskollegen und Mitsegler“ Kubicki, der ein „Charakterkopf mit seiner eigenen Meinung“ sei. „Über das Beachvolleyball sollten wir zu Deinen Gunsten schweigen“, säuselt Westerwelle – und die Elmshorner Basis juchzt.

Und nickt gläubig zum Credo Westerwelles, der immer eine Spur zu laut und einen Tick zu hoch spricht: „Wirtschaftsfreundliche Politik ist das, was Deutschland nutzt.“ Deswegen müsse Deutschland beim Umweltschutz „endlich den Verstand wieder einschalten“, anstatt „Ökohysterie“ zu betreiben, bellt der FDP-Chef, um in der Pose eines Stand-up-Comedian zu seiner Hamster-Pointe überzuleiten: In NRW, prustet Westerwelle, verhinderten die Grünen ein Kraftwerk mit einem Investitionsvolumen von zwei Milliarden Euro, weil „Löcher vom gemeinen Feldhamster“ entdeckt worden seien, und zwar „verlassene Löcher“. Ein Riesenlacher.

Im weiteren Verlauf des Abends weist der Redner die Elmshorner unter anderem noch darauf hin, dass „Professor Horst Köhler für sein Amt nicht nur politisch, sondern auch menschlich hervorragend geeignet“ sei und dass „Selbstbestimmung besser als Fremdbestimmung“ sei.

Nach einer gestern veröffentlichten Meinungsumfrage von infratest dimap liegt die FDP derzeit bei sieben Prozent.