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Sie hören Radio Lutzemburg

BERLIN taz ■ Lutz Rathenow strich durch die Gänge des Radiosenders. Er hatte eine dicke Pappkladde dabei, auf die hatte er mit Filzer geschrieben: MANUSKRIPTE. VON LUTZ. Damit jeder gleich wusste, mit wem er es zu tun hatte: mit Lutz, dem wichtigen Popliteraten. Lutz mochte das Radio gern. Es lag im Westen und war schon immer für die Freiheit gewesen, früher unter dem Namen Rias. Lutz klopfte an eine Tür und trat ohne Zögern ein. Der Redakteur erkannte ihn und rief panisch: „Heraus!“ Lutz blieb stehen. „Ich habe überhaupt keine Zeit!“, beteuerte der Redakteur. Der Mann sah elend aus, Schweißbäche rannen sein Gesicht herab. „Ich kann warten“, sagte Lutz und schielte auf den Besuchersessel. „Ich meine – gar keine Zeit!“, stammelte der Redakteur. „Und die nächsten 14 Tage auch nicht. Ich bin seit gestern im Urlaub.“ Die Lüge war in sein Gesicht gemeißelt. Lutz war das egal. „Macht nichts“, sagte er. „Ist doch nicht schlümm.“ Er begann, die Häringe eines Ein-Mann-Zelts in den Boden zu dullern. „Ich hab Zeit.“ Er zog ein Stullenpaket, eine Campingliege und einen Sonnenschirm aus seiner geräumigen Gesäßtasche und machte es sich gemütlich. „Auch mal beißen?“, fragte er kauend und bot jovial einen Knust an, ein Renftel, wie man in seiner alten Heimat sagte. Behaglich streckte Lutz Rathenow alle viere von sich: „Hier bin ich Lutz, hier darf ich sein . . .“

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