: Sicherheitsmänner entlastet
Sicherheitsleute sollen einen Geflüchteten misshandelt haben, nach dem ersten Prozesstag kommen Zweifel
Von André Zuschlag
Die Vorwürfe wogen schwer gegen zwei Angestellte eines privaten Sicherheitsdienstes in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) Hammer Straße: Sie sollen im September 2016 einen 17-Jährigen körperlich misshandelt. Zudem wird ihnen Freiheitsentzug vorgeworfen, weil sie den Geflüchteten mit Fixierband gefesselt haben sollen. Das Opfer hatte über Hämatome und Schürfwunden geklagt. Im Laufe der Verhandlung vor dem Amtsgericht Wandsbek wurde am Montag deutlich: Von den Vorwürfen ist nicht viel zu halten.
Einer der Angeklagten sagte aus, dass der Geflüchtete nicht aus dem Bett aufstehen wollte. Als Minderjähriger habe er Schulpflicht und wenn es ihm nicht gut ginge, müsste er zum Arzt. In seinem Zimmer habe er laut Anweisung nicht bleiben dürfen. Nachdem die ZEA-Leitung gegen den 17-Jährigen einen zeitlichen Hausverweis erteilt hätte, waren die Angeklagten in dessen Zimmer gegangen, um ihn aufzufordern, dass Gebäude zu verlassen.
Als er sich weigerte und die Sicherheitsleute ihn am Arm packten, habe er laut geschrien und sich gewehrt. Daraufhin, so der eine Angeklagte, habe man ihn auf den Boden drücken müssen und die Polizei gerufen. Schläge oder Tritte habe es nicht gegeben. Zudem sei er nur fünf Minuten gefesselt gewesen, bis die Polizei eintraf. Die hatten den 17-Jährigen mit aufs Revier genommen.
Auch ein ehemaliger Betreuer der ZEA, der bei dem Vorfall ebenfalls mit im Raum war, konnte auch nicht bestätigen, dass die Angeklagten den Geflüchteten getreten oder geschlagen hätten. Aber der 17-Jährige sei als „Problemfall“ bekannt, sagte er aus. Ständig sei seinetwegen die Polizei gerufen worden. Darüber hinaus konnte die geladene Sachverständige nicht zweifelsfrei bestätigen, dass die Hämatome und Schürfwunden auf das Handeln der Sicherheitsmänner zurückzuführen sind.
Fünf Minuten Bedenkzeit hatte sich die Vorsitzende Richterin nach der Zeugenaussage und dem Bericht der Sachverständigen erbeten. Danach machte sie deutlich, dass sie den Prozess gerne einstellen würde. Während sich die Verteidigung erwartungsgemäß dafür aussprach, wollte die Staatsanwältin dem 17-Jährigens noch die Möglichkeit geben, seine Aussage zu machen. Weil der am Montag nicht da war, wird die Verhandlung in drei Wochen fortgesetzt.
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