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■ Steglitzer UnglückSicherheitsleck Gasleitung

Zwar ist noch nicht endgültig geklärt, ob eine Gasexplosion die Ursache für das tödliche Unglück in Steglitz war. Doch viele BerlinerInnen sind um die Sicherheit ihrer Häuser besorgt. Wie undicht sind die Gasleitungen in Berlin? Sowohl die Gasag als auch die Innung für Sanitär- und Heizungstechnik und auch die Wohnungsbaugesellschaften beruhigen die Öffentlichkeit. In der Regel würden Gasexplosionen durch Manipulation der Anschlüsse oder durch Selbstmörder verursacht. „Gas ist inzwischen relativ sicher geworden“, meint Bernd Fischer von der Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“.

Die Gasag hat seit der Wende mehrere hundert Millionen Mark für die Sanierung des Rohrnetzes ausgegeben. „Unser Gasnetz ist technisch vollkommen in Ordnung“, betont Sprecherin Bettina Messer. Allerdings seien die Gaswerke nur für die Erdverlegungen bis zum Hausanschluß zuständig. Die Überprüfung der Gas-Innenleitungen liegt in der Verantwortung der Eigentümer.

Ein Gesetz zur regelmäßigen Kontrolle von Gasleitungen gibt es nicht. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) empfiehlt lediglich die jährliche Überprüfung der Gas-Innenleitungen durch Sichtkontrolle. Eine Tatsache, die Gasinstallateur Wolfgang Golm nicht versteht: „Die Gefahr von Gas wird unterschätzt. Ich würde Hausbesitzer per Gesetz zur turnusmäßigen Überprüfung verpflichten.“ Auch Marc Vincenz von der Gas- Control, einer unabhängigen Firma zur Überprüfung von Gasleitungen, ist damit nicht zufrieden. Erstens würde sich kaum jemand an die Empfehlung halten, zweitens sei eine Sichtkontrolle nicht ausreichend, da man entweichendes Gas ja nicht sehen, sondern nur riechen kann. Wieviel Gas sich in der Luft befindet, kann man nicht riechen. Nur bei einer Luft-Gas-Konzentration von fünf bis 15 Prozent könne es zu einer Explosion kommen. Eine niedrigere oder höhere Konzentration sei ungefährlich, so Vincenz. Für eine genaue Prüfung seien auf jeden Fall hochwertige Gasspürgeräte notwendig.

Bei der Erneuerung der erdverlegten Gasleitungen und der Erhöhung des Gasdruckes im Ostteil der Stadt werden immer wieder undichte Gas-Innenleitungen entdeckt. In der Oderberger Straße etwa wurde wegen undichten Leitungen 90 Prozent der Häuser das Gas gesperrt. Der Technische Überwachungsverein (TÜV) Berlin appelliert deswegen an Hausbesitzer, alte Gasleitungen regelmäßig zu überprüfen. TÜV- Sachverständiger Detlef Knebel betont, daß das Risiko bei alten Leitungen durch Korrosion höher sei. Zudem seien sie schwer zugänglich. Spezial-Gas-Sensoren müßten eingebaut werden, damit undichte Stellen schnell aufgespürt und Unglücke vermieden werden können.

Gasinstallateur Golm betont, daß undichte Rohre nicht automatisch zur Explosion führen. Gewöhnlich alarmiert der dem Gas beigesetzte Geruchswarnstoff die Bewohner rechtzeitig, so daß der Anschluß überprüft werden kann. Ist die betreffende Person jedoch im Urlaub oder wird der Gasaustritt nicht früh genug bemerkt, kann das sich ansammelnde Gas zur Explosion führen. Vanessa Erhard

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