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Archiv-Artikel

was macht eigentlich ...Anita Berber? Sich verschwenden

Von WS

Sie wollte nicht sterben, obwohl ihr nachgesagt wird, dass sie den Tod gesucht habe. Noch eine Woche vor dem Ende soll sie Reisepläne geschmiedet haben. Da saß sie bereits, zum Skelett abgemagert, in ihrem Bett im Bethanien-Krankenhaus in Kreuzberg, mal betend, mal sich Morphium spritzend. Heute vor 75 Jahren starb sie 29-jährig. Anita Berber ist eine Janis Joplin der Weimarer Zeit. Zwar sang sie nicht, sondern tanzte, spielte in Filmen mit, schrieb expressionistische Gedichte. Was den beiden jedoch gemeinsam ist: Sie verbrauchten sich. Ihre Körper waren das Maß aller Dinge in ihrer Kunst. Sie haben es nur mit Drogen ertragen. Am Ende sind sie daran zugrunde gegangen.

Jede Aufbruchszeit hat ihre weiblichen Ikonen. In den 20er-Jahren war Anita Berber gefeiert als Tanz- und Filmstar. In 25 Filmen, darunter „Dr. Mabuse“ und „Tagebuch einer Verlorenen“, spielte sie mit. Ihr kometenhafter Aufstieg fiel mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Anfang einer Befreiung, die durch die neue Demokratie in Deutschland versucht wurde, zusammen. Aus der anmutigen Tänzerin Anita Berber wurde eine, die alle Konventionen überschritt. Ihre „Tänze des Lasters“ waren gespeist aus ihrer eigenen Haltlosigkeit. Leidenschaft ging eine Symbiose mit Drogen und Rausch, Todessehnsucht und Grenzüberschreitung ein. Sie tanzte nackt, und sie war nackt. Ihre Haltung: ein Sichverschwenden. Es sollte, was auch nicht verwundert, vor allem ihre Einsamkeit verdecken, wie Klaus Mann schrieb. „Um sie war eiskalte Luft.“ WS FOTO: ARCHIV