: Sich durch den Alltag zappen
■ Medien und Technologie allüberall und wahrscheinlich unentrinnbar: Die Magpai Production Group beleuchtet's in DMT tänzerisch – auf Kampnagel
Es wird laut werden. Dayton Allemann kündigt an, vorsorglich Ohrstöpsel ans sensible Tanzpublikum zu verteilen. Die Empfindsamkeit des Tänzergemüts kennt der amerikanische Musiker und Komponist schließlich in- und auswendig, nicht allein durch die Zusammenarbeit mit seiner Partnerin, der spanischen Tänzerin und Choreographin Trinidad Martinez, mit der er 1997 in Hamburg die Tanz/Musik Formation Magpai Production Group gegründet hat. Der Allround-Musiker begleitete auch schon die Tanzstudenten im Ballettsaal von John Neumeiers renommierter Ausbildungsakademie im Modern Dance Unterricht am Schlagzeug und am Klavier.
Seine gesamte kompositiorische Arbeit habe er der Erforschung von Musik für den Tanz gewidmet, erklärt der gebürtige Kalifornier, der u.a. bei Bern Herbolsheimer in Seattle studiert hat. Und Martinez kann sich kaum mehr vorstellen, jemals wieder nach Musik aus der Konserve zu tanzen. Seit ihrem gemeinsamen Hamburg-Debüt mit dem Stück Naked, Nude or Devoid 1998 beim „Junge Hunde“-Festival auf Kampnagel tingelten sie bislang meist als Duo durch die Clubs und Off-Theater der Stadt. Von der Roten Flora über den Mojo Club bis zur Kaifu-Lodge reicht die illustre Reihe ihrer Auftrittsorte, wo sie mit ihrem Erfolgsstück, der ruppigen Sozialstudie I could eat a beer, zu sehen waren.
Mittlerweile ist die Magpai Production Group gewachsen, der Name ist zu einer Art Produktionslabel geworden. Zwei Musiker – neben Allemann der Schlagzeuger Oliver Sell – und zwei Tänzerinnen – zu Martinez gesellte sich die Neuhamburgerin Antje Pfundner – bilden jetzt den Kern. In dieser Besetzung zeigen sie jetzt auf Kampnagel bei „feuer + flamme“ ihr Stück DMT, eine Neubearbeitung ihrer Produktion Dangerous Mode of Transportation aus dem Jahr 2000.
Es geht um die Funktionsweisen unserer heutigen Medienwelt. Um Tempo, Informationsflut und rasante Wechsel. „Wir haben eine Art Zapping-Prinzip in den Tanz eingebaut“, erläutert Alleman. Ebenso sprunghaft wirken die elektronischen Beats und Sounds. Rhythmus und Dynamik eines medien- und technologiedurchsetzten Alltags werden hier tänzerisch/musikalisch abgebildet, kontrastieren mit Momenten von Ruhe und Beschaulichkeit. Und genau darin spiegelt sich auch der Arbeitsprozess der Gruppe. Die Schnittstellen und Gegensätze gilt es auf der Basis gemeinsam entwickelter Ideen kompositorisch und choreographisch auszuleuchten. Wobei hier, sowohl die Musik als auch der Tanz immer wieder mit dem Mittel der Improvisation experimentieren.
Für Martinez ist es außerordentlich spannend, dabei in musikalischen Strukturen denken zu lernen. Die 27-Jährige begann nach ihrer Tanzausbildung in Cannes eine Karriere als Tänzerin an deutschen Stadttheatern in Mannheim und Hagen. Doch es war immer ihr Traum, eine Gruppe zu haben und im Team zu arbeiten. Die Magpai Production Group bietet ihr da Möglichkeiten in stets neuen, anregenden Konstellationen.
Marga Wolff
DMT – Magpai Production Group, Donnerstag, 4. sowie Freitag, 5. April, 19.30 Uhr, Kampnagel k6
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