: Showdown auf dem Bernstein
■ Michelle Pfeiffer und „Die fabelhaften Baker Boys“ in einem Film von Steve Kloves
Seit 15 Jahren tingeln die beiden Brüder durch Bars und zweitklassige Hotels, klimpern am Piano seine Evergreens rauf und runter, können ihr Publikum nicht mehr ausstehen und haben sich auch gegenseitig kaum noch was zu sagen. Jack raucht, schweigt und hat immer schlechte Laune, Frank lächelt unverbindlich und hat schon Kinder gezeugt. Seit 15 Jahren erzählt Frank dieselben Witze und Geschichten auf der Bühne, jetzt bleiben die Bänke leer. Bevor der musikalische Zwei-Mann-Betrieb Engagements auf Kindergeburtstagen annehmen oder in Altenheimen auftreten muß, wollen es die beiden nochmal mit Stimme versuchen. Sie suchen eine Sängerin, ertragen das unsägliche Vorsingen von 37 Nulpen, bis sie schließlich durch die Tür tritt: Susie Diamond, blond, wunderschön, und singen kann sie auch noch. Von nun an wird alles besser.
The fabulous Baker Boys, die von den Brüdern Jeff und Beau Bridges dargestellt werden, ist vor allem ein Musikfilm. Eine der schönsten Szenen ist das falsche Vorsingen der 37 Bewerberinnen, - wie hier musikalische Klassiker verhunzt werden, ist eine Meisterleistung des Arrangeurs Dave Grusin. Michael Ballhaus hat fotografiert, die nordwestamerikanische Küstenstadt Seattle, vor allem nachts, und den Film in wunderbar melancholisches Blau getaucht. Der wichtigste Grund aber, sich den Streifen anzusehen, heißt Michelle Pfeiffer. Sie singt im Film alle Songs selbst. Und wenn sie im knallroten Samtkleid auf dem spiegelglatten Klavier hin und herrutscht und dabei ihr „Makin‘ Whoopee“ in die Menge haucht, haut es nicht nur den Pianisten vom Hocker. Natürlich fängt Miß Diamond mit dem schlechtgelaunten Baker-Boy ein Verhältnis an. Aber bevor es zum atemberaubend gut gemimten sexuellen Show-Down auf dem Bernstein-Flügel kommt, benehmen sich die beiden ganz cool, warten und warten und warten: Erstens sind beide Egozentriker, und zweitens könnte sich die Affäre ja negativ auf das Betriebsklima im mittlerweile wieder erfolgreichen Trio auswirken. Tut sie auch: Nach der Pianonummer fliegt die Truppe auseinander.
Der Einzelgänger Jack hält es im Bett von Frau Pfeiffer nicht lange aus und flüchtet in seine dreckige Junggesellenbude. Dann haut er Frank was aufs Maul, weil ihm die Besserwisserei seines Bruders schon immer auf die Nerven gegangen ist. Von nun an spielt er sein Klavier in einer Kellerbar, trinkt viel Whisky und leidet. Frank gibt in der Nachbarschaft Klavierstunden und Susie singt Werbespots für Gemüsesorten. Aber eines morgens steht Jack der Schlimmfinger wieder vor der Tür von Mrs. Diamond...
Claus Christian Malzahn
Steve Kloves: Die fabelhaften Baker Boys, mit Michelle Pfeiffer, Kamera: Michael Ballhaus, USA 1989, 114 Min.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen