■ QUERBILD: Shooting Fish
Es gibt diese Herbsttage. Da wollen wir sehen, wie Harry mit Sally durch den Central Park läuft. Oder noch besser, einer der beiden alleine. Und genau für diesen Tag ist Shooting Fish von Stefan Schwartz gemacht. Denn an diesen Tagen wollen wir uns mit Lachen in die nächste Jahreszeit retten. Und wir wollen mitleiden; aus gerade soviel Distanz, daß wir noch über die offensichtlichen Wahrheiten schmunzeln können.
Der großmäulige Amerikaner Dillon und der verklemmte Technikfreak Jez haben sich gefunden, um ihren Traum vom Waisenhaus zu verwirklichen. Keines für viele kleine Kinder, sondern für die beiden ausgewachsenen Waisen selbst. So ganz genau haben sie das der Medizinstudentin Georgie nicht erklärt, als sie sie für eine ihrer Aktionen eingestellt haben. Die beiden sammeln Geld von Reichen durch faszinierende Betrügereien. Die sind mit soviel Cleverness und Witz ausgedacht, daß man nach der ersten auf jede weitere wartet, wie auf die Vorstellung des nächsten James Bond Agentenspielzeugs im Labor von Q. Natürlich ist Jez in Georgie verliebt, Dillon aber auch geil, und das Verständnis von Wahrheit sehr unterschiedlich im Trio – was zu charmanten Mißverständnissen und vielen verschämten Blicken führt. Daß es eigentlich um zwei junge Arbeitslose in London geht, verschwindet irgendwo zwischen Jez phantastischen Elektro-Basteleien, seinem Brit-Pop-Outfit, der unglaublichen Wohnung in einem alten Gasometer, Ironie über britische Lebensart, Kate Beckinsales (Georgie) Lachen und dem hippen Soundtrack. Dessen clevere Zusammenstellung zwischen den gefeierten Newcomern Space, Bluetones und gefühlsduseligen Streicher-Arrangements läßt ahnen, was das Problem von Shooting Fish ist. Für jeden ist was dabei und der größte gemeinsame Werte-Nenner ist dann eben der Besitz eines englischen Landsitzes. „Where is the Britain we love? Warm Beer, Waterloo, Margaret Thatcher?“ist einer der selbstironischen Seitenhiebe im Film. „Neues Britisches Kino“ist das nicht, allenfalls „London Swings“. Aber das ist ja hip und schließlich ist es Herbst.
Matthias von Hartz
City, Grindel, Passage, Studio
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