piwik no script img

Shell will zurück in die Gesellschaft

Nach BP erwägt nun auch Shell den Ausstieg aus der Global Climate Coalition, die stur mit hohem Werbeaufwand gegen jeden Klimaschutz zu Felde zieht. Die Coalition solle das Kiotoer Klimaschutzprotokoll akzeptieren  ■ Von Niels Boeing

Wir wollen uns ändern“ – dieser Slogan, mit dem Shell nach dem Brent- Spar-Debakel um Vertrauen warb, scheint sich zum Mantra des Ölkonzerns zu entwickeln. Denn Shell erwägt jetzt, aus der Global Climate Coalition (GCC) auszusteigen, der Lobby der internationalen Öl- und Energiemultis. Die Shell-Manager stört zunehmend, daß die GCC noch immer das Kiotoer Klimaschutzprotokoll in Bausch und Bogen ablehnt. Dies geht aus einem internen Dokument von Shell hervor, das der taz vorliegt.

„Shell hat der GCC mitgeteilt, daß es die Mitgliedschaft in der Coalition überdenken muß, sollten die jeweiligen Positionen [zum Klimawandel] weiterhin inkonsistent bleiben“, heißt es in dem Papier gespreizt. Die Hardliner-Position der GCC ist seit langem bekannt: Solange der Treibhauseffekt als Folge des Kohlendioxid-Ausstoßes durch den Menschen wissenschaftlich (nach den Maßstäben der GCC) nicht zweifelsfrei bewiesen ist, gibt es keinen Grund für verbindlichen Klimaschutz.

Genau den sieht aber das Kioto- Protokoll vor: Die Industrieländer sollen im Jahr 2010 zusammen 5,6 Prozent weniger Kohlendioxid auspusten als 1990. Gegen solche Beschlüsse läuft die GCC seit Jahren Sturm. Vor dem Klimagipfel etwa hatte sie doppelseitige Anzeigen in allen großen US-Tageszeitungen geschaltet und so Präsident Clinton unter Druck gesetzt.

Ganz anders klingt da das Shell- Papier: „Wir haben das Ergebnis der Klimaverhandlungen von Kioto ausdrücklich begrüßt.“ Nach Ansicht von Shell-Boß Cornelius Herkströter ist das Protokoll nicht nur ein Fortschritt für den Klimaschutz, sondern bietet der Industrie auch neue Geschäftschancen. Die sieht Shell offenbar in sauberen erneuerbaren Energien. 500 Millionen Dollar will der Öl-Multi bis 2003 investieren, vor allem für Sonnenenergie.

Um auf diesen Märkten Akzeptanz zu finden und Geld zu verdienen, muß das Image weiter aufpoliert werden. Das geht nicht, solange man Mitglied in einer GCC ist, die schon fast fanatisch gegen jeden Klimaschutz kämpft. BP hatte das bereits vor dem Kiotoer Klimagipfel entdeckt und trat bereits im vergangenen Mai aus. Nicht der wissenschaftliche Nachweis, daß Treibhausgase und Klimawandel zusammenhingen, machten diesen zum Politikum, sagte BP- Chef John Browne damals zur Begründung. Entscheidend sei, daß die Gesellschaft es für möglich halte, daß ein solcher Zusammenhang bestehe. Daß man solche Stimmungslagen nicht unterschätzen darf, zeigte der Boykott von Shell-Tankstellen angesichts der drohenden Brent-Spar- Versenkung vor drei Jahren.

Von diesen Sorgen ist der US- Ölriese Exxon, und mit ihm sein europäischer Ableger Esso, indes unberührt. „Wir haben uns der GCC angeschlossen, damit die Wahrheit ans Licht kommt“, sagt Esso-Sprecher Karl-Heinz Schult- Bornemann. Der Shell-Konkurrent Exxon ist Hauptfinanzier der GCC. Die sieht im Kioto-Protokoll eine Unterwerfung unter UN-Bürokraten und malt einen Verlust von 2,5 Millionen potentiellen Arbeitsplätzen in den USA an die Wand. Freilich muß sich auch Exxon fragen, ob sie die letzten Verweigerer werden wollen. Auf Nachfrage der taz erklärte auch ein Sprecher von Mobil Oil, daß ihm die GCC-Positionen zu extrem seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen