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Shakespeare statt Rigips

■ Shakespeare-Company kriegt neue Fassade verpaßt: Umsonst und in den Ferien sorgen Bremer KunsttudentInnen dafür, daß das Ex-Gymnasium am Leibnizplatz auch von außen nach Theater aussieht

Natürlich hätten sie auch nach Griechenland oder in die Toscana oder sonstwohin fahren können, wo man als Künstler Urlaub macht in Gesellschaft lichter Blautöne, kräftigen Rotweins und kunsthistorisch ganz großartiger Traditionen. Schließlich sind Semesterferien. Für acht Bremer KunststudentInnen ist stattdessen Zehengang und Knierutschen auf weißgrundierten Riesenleinwänden angesagt. Mindestens noch bis zum 15. September. Bis dahin, also pünktlich zum Beginn der neuen Spielzeit der Shakespeare Company, soll man ihrer Spielstätte nämlich schon von außen ansehen, was hinter den praktisch wärmedämmenden Rigipsfassaden des ehemaligen Gymnasiums am Leibnizplatz heute statt Mathe und Vokalbelabhören stattfindet: Theater.

Hat sich jedenfalls Hochschul

lehrer und passionierter Company-Besucher Peter Schäfer irgendwann so gedacht, sogar ein bißchen Geld für scheuerfeste Fassadenfarben locker gemacht und unter seinen StudentInnen ein paar Begeisterte gefunden.

Inzwischen hängen bunt über die ehemaligen Räume des Alten Gymnasiums verteilt zwischen Farbeimern, Pinseltöpfen und Putzlappen viele riesige Puzzelsteine eines 30x4 Meter großen Riesentransparents. Noch muß man sich im Kopf ausmalen, wie später einmal alles zusammenpassen könnte. Der 4x4-Meter-Charakterkopf eines bekannteren englischen Dramatikers, der drei Klassenzimmer weiter seinen Arm zu einladender Geste ausfahren läßt. Im Seitenflügel entsteht derweil ein düster-schwärzlicher Othello samt Gemahlin. Auf dem Boden liegt ein prachtvoll-wetter

fester König im schimmernden, reich verzierten Purpur-Ornat. Narren, freundlich liebenswerte Monstren tummeln sich zwischen den farbbe-klecksten Kunststudenten auf leinwandausgeschlagenen Fußböden, verwandeln sich täglich mit ein paar Pinselstrichen, gewinnen allmählich endgültige, derb komische oder zart pastöse Gestalt. Anderswo entstehen bunte, graphisch gestaltete Textcollagen, die bei näherem Zusehen das Repertoire der Company verraten, die Namen der Schauspieler verschlüsseln, Shakespeare-Passagen zi

tieren.

Jede der beteiligten KünstlerInnen soll und darf die eigene Sicht von Shakespeare, seinen Figuren und ihren Darstellern entwickeln, auch wenn am Ende kein „Kuddelmuddel“, sondern ein „disparates, wandelbares Ganzes“ herauskommen soll. Projekt-Mentor Peter Schäfer: „Wir wollen ein bißchen von der Arbeitsweise der Company lernen: Die Individualität jedes einzelnen nicht einem vorgefaßten Gesamtkonzept unterordnen, sondern mit unterschiedlichen Zugängen einen Prozeß künstlerischer Aus

einandersetzung unter uns auslösen, bei dem im Resultat noch die einzelne Persönlichkeit erkennbar bleibt.“ Anders als die gängige Kunst am Bau oder am Bunker soll sich das Gesamtensemble später ständig verändern können. Jedes Versatzstück der neuen Leibniz-Platzfassade bleibt austauschbar, wenn neue KunststudentInnen Lust dazu bekommen und die Schauspieler die Lust an der Zusammenarbeit nicht verlieren. Wenn in 14 Tagen „Endmontage“ ist, werden sie genauso überrascht vom Ergebnis sein, wie die Künstler selbst.

K.S.

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