: Serbische Offiziere schwer belastet
■ Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hört Opfer des Massakers in Vukovar
Den Haag (dpa/AFP) – Mehrere Zeugen des Massakers im kroatischen Vukovar von 1991 haben gestern vor dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag ausgesagt. Zwei Ärztinnen belasteten durch ihre Aussagen die angeklagten Offiziere Mile Mrksić, Miroslav Radić und Veselin Sljivancanin, die sich noch auf freiem Fuß befinden. Die Offiziere der ehemaligen jugoslawischen Armee werden beschuldigt, für das Massaker an 261 nichtserbischen Zivilisten verantwortlich zu sein, die 1991 aus dem Krankenhaus von Vukovar verschleppt worden waren. Eine der Ärztinnen sagte aus, von 24 Patienten seien 22 veschleppt worden. Dafür sei Sljivancanin verantwortlich gewesen, der nach der Eroberung von Vukovar durch die serbischen Streitkräfte das kroatische Krankenhauspersonal durch Serben ersetzt habe. Die zweite Zeugin berichtete, die Serben hätten sie gezwungen, das Krankenhaus zu verlassen. Bei ihrer Rückkehr seien nur noch wenige Patienten übriggeblieben.
Ein weiterer Zeuge berichtet, er sei nach der Eroberung der Stadt Vukovar im November 1991 mit vielen anderen Männern von den Serben gefangengenommen und geschlagen worden. Die meisten seiner Mithäftlinge habe er nie wiedergesehen. Sie sollen alle ermordet worden sein. Nur wer einen Soldaten persönlich kannte, habe die Chance auf Freilassung gehabt.
Der erste Teil der gestrigen Anhörung wurde auch vom russischen Justizminister Valentin Kowaljow verfolgt. Die Regierung in Moskau hatte das Sondergericht in den vergangenen Monaten mehrmals kritisiert. Unter anderem hatte Rußland die Auslieferung des serbischen Generals Djordje Djukić nach Den Haag verurteilt.
Unterdessen ist das für heute geplante Treffen der Parteien der moslemisch-kroatischen Föderation auf dem Petersberg bei Bonn verschoben worden. Wie das Auswärtige Amt gestern mitteilte, haben sich die beiden Partner aus Bosnien-Herzegowina bei Vorgesprächen „nicht in der Lage gesehen, sich aufeinander zuzubewegen“. Deshalb seien für ein erfolgreiches Treffen „weitere intensive Gespräche vor Ort“ notwendig. Moslems und Kroaten müßten die Hand zur Versöhnung selbst ausstrecken und die „tiefen Gräben des Hasses“ zuschütten, betonte Außenamtssprecher Martin Erdmann. Die Außenminister der Bosnien-Kontaktgruppe hatten in Moskau am Samstag den Druck auf alle drei Konfliktparteien verstärkt. So drohten sie damit, daß die für Mitte April geplante Geberkonferenz in Brüssel nicht stattfinden werde, wenn nicht unverzüglich alle Gefangenen ausgetauscht würden.
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