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Serbiens KSZE-Stuhl wackelt

■ Vance und Pinheiro drohen mit Bestrafung/ Der Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina weitet sich aus/ Barrikaden serbischer Polizisten teilen Sarajevo/ Öffentlicher Nahverkehr eingestellt

Lissabon/Sarajevo/Belgrad (dpa/ afp/ap/taz) — Auch über Ostern gab es für Bosnien-Herzegowina kein Atemholen. Bei schweren Kämpfen in der Hauptstadt Sarajevo sowie im Nordwesten und Süden des Landes wurden am Wochenende mindestens fünfzehn Menschen getötet und über hundert verletzt. Angesichts des anhaltenden Bürgerkrieges mehren sich jetzt die Versuche, Serbien unter Druck zu setzen. Nachdem die USA bereits letzte Woche gedroht hatten, das Land international zu isolieren, falls die serbischen Streitkräfte und die Bundesarmee ihre Operationen in Bosnien-Herzegowina nicht einstellen, zog die EG am Wochenende nach. Der gegenwärtige Vorsitzende des Ministerrates, der portugiesische Außenminister Joao de Deus Pinheiro, drohte Serbien ebenfalls mit internationaler Ächtung und Sanktionen, falls es die Offensive gegen Bosnien-Herzegowina fortsetzt.

Pinheiro sagte nach einem Treffen mit dem UNO-Vermittler für Ex-Jugoslawien, Cyrus Vance, am Wochenende in Lissabon, Serbien setze sich dem Ausschluß aus der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und Strafmaßnahmen im Bereich der Wirtschaft aus, wenn die Kämpfe nicht bis spätestens zum 29. April eingestellt würden. Die Regierung in Belgrad hat in der KSZE den Sitz Rest- Jugoslawiens inne. „Die Haltung der EG ist ganz klar. Wir haben gesagt, daß wir weitere ernste Maßnahmen ergreifen werden, wenn die Regierungsstellen, die für dieses Blutvergießen verantwortlich sind, nicht die Regeln der KSZE einhalten“, sagte Pinheiro nach dem Gespräch mit Vance, der anschließend zur Berichterstattung nach New York flog. Am Donnerstag hatte der französische Außenminister Roland Dumas einen Ausschluß Rest-Jugoslawiens aus der KSZE noch abgelehnt.

Pinheiro und Vance stellten jedoch gleichzeitig klar, daß Serbien nicht allein die Schuld am Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina trägt. Sie forderten auch Kroaten und die Muslime auf, den am 12. April vereinbarten Waffenstillstand sofort einzuhalten.

Nach den Worten ihres Gesandten Colin Doyle erwägt die EG offenbar auch, ihre Friedensmission in der Republik vorerst auszusetzen. Doyle sagte am Sonntag in Sarajevo: „Die Leute bringen sich gegenseitig um. Unter diesen Bedingungen sind Verhandlungen nicht möglich.“ Doyle sagte, er werde dem Vorsitzenden der EG-Friedenskonferenz zu Jugoslawien, Lord Carrington, vorschlagen, die Mission zu unterbrechen, bis die Kämpfe eingestellt worden sind.

Die Gefechte selbst gingen am Wochenende mit mörderischer Konsequenz weiter. Wie Radio Sarajevo meldete, wurde am Montag auch an zwei neuen Fronten im Nordwesten und Süden Bosniens gekämpft. Tausende von Menschen flüchteten aus den betroffenen Regionen in sicherere Gebiete.

Die Kämpfe hatten in der Nacht zu Montag bei Sanski Most im Nordwesten Bosniens begonnen. Auch die Städte Bosanski Samac und Bosanski Brod an der Grenze zu Kroatien wurden nach kroatischen Angaben mit schwerer Artillerie der jugoslawischen Armee beschossen. Dabei wurden der kroatischen Nachrichtenagentur 'HINA‘ zufolge vier Menschen getötet. Die Situation in Konjic im Süden von Sarajevo sei ebenfalls sehr gespannt, so der Hörfunk von Sarajevo. Die Armee teilte mit, ihre militärischen Anlagen dort seien von Barrikaden umzingelt und die Telefonverbindungen unterbrochen. Beim Bombardement der bosnischen Stadt Mostar, das am späten Sonntag abend eingestellt wurde, waren zwei Menschen getötet und sechs weitere verletzt worden. Konjic und Mostar haben strategische Bedeutung, da sie an der Verbindungsstraße von der Küste nach Sarajevo liegen.

Die bosnische Hauptstadt war in der Nacht zu Montag von Angriffen verschont geblieben. Die Stadt ist jedoch seit dem Wochenende durch Barrikaden geteilt, die von ehemaligen serbischen Polizisten kontrolliert werden. Der öffentliche Nahverkehr ist wegen der Barrikaden und aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Ein Teil des Fuhrparks ist bei den Bombenangriffen der vergangenen Woche zerstört worden. Serbische Milizionäre verstärkten gestern die Panzersperren und andere Befestigungen rund um die Stadt. Die Polizei warnte Pendler davor, zur Arbeit zu fahren, da bewaffnete und maskierte Männer in den Vororten der Hauptstadt Autos anhalten und stehlen würden.

Der US-amerikanische Botschafter in Belgrad, Warren Zimmerman, sprach am Samstag nach Gesprächen in Sarajevo von einer „schweren Krise“. Ein militärisches Eingreifen der USA schloß er jedoch aus. Im fernen Rom gedachte Papst Johannes Paul II. in seiner Osterbotschaft auch der Bevölkerung Bosnien-Herzegowinas. Er appellierte an die Kämpfenden, die Waffen für immer schweigen zu lassen.

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