Sendeverbote für russische Staatsmedien: Autoritäre Signale schwächen die EU

Die EU darf russischen Staatsfunk wie RT Deutsch verbieten. Mit der Entscheidung schwächt der EuGH die Position der EU gegenüber autoritären Mächten.

Ein Journalist sitzt vor zwei Monitoren in einer Nachrichten redaktion

Nachrichtenredaktion des Fernsehsenders Russia Today im Dezember 2020 in Moskau Foto: Alexander Shcherbak/TASS/imago

Die EU darf die Ausstrahlung russischer Staatsmedien wie RT France, RT Deutsch und Sputnik weiter verbieten. Das entschied nun das Europäische Gericht (EuG) in Luxemburg. Das ist in mehrfacher Hinsicht bedenklich.

Die Sendeverbote sind Teil des EU-Sanktionspakets. Aber handelt es sich tatsächlich um Sanktionen? Eigentlich sollen Sanktionen die Gegenseite zwingen, rechtswidriges Verhalten aufzugeben. Deshalb wird der Handel stark reduziert und das Vermögen von vermeintlich einflussreichen Oligarchen eingefroren.

Sendeverbote üben aber keinen Druck aus, sondern sollen russische Desinformation und Propaganda verhindern. Es geht hier also um Medienaufsicht, für die die EU keine Kompetenzen hat. Die Luxemburger Rich­te­r:in­nen waren – wie in Kompetenzfragen üblich – großzügig und entschieden: Die EU habe bei der Auswahl geeigneter Sanktionen einen weiten Spielraum.

Ärgerlich ist aber weniger die Kompetenzanmaßung, sondern vor allem das falsche innenpolitische Signal. Hier werden präventiv Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen und Verbote auf konkrete Straftaten und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu beschränken.

Kein Unterschied zum russischen Vorgehen erkennbar

Dies spricht weder für Selbstvertrauen in die demokratische Debatte freier Gesellschaften, noch ist ein klarer Unterschied zum russischen Vor­gehen gegen westliche Sender erkennbar. Die EU wird durch solche autoritären Maßnahmen nicht gestärkt, sondern geschwächt.

Es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass prorussische Argumentationen in der EU generell ausgegrenzt werden. Dies ist nicht der Fall: Jeder darf vor Waffenlieferungen an die Ukraine warnen, die Nato-Erweiterung für gefährlich halten und russische Einflusssphären fordern. Nur russische Staatssender dürfen dies derzeit nicht.

Dieses Sendeverbot ist also tendenziell überflüssig. Russische Propaganda und Perspektiven haben viele Verbreitungswege. Darauf sollte – wie in freien Gesellschaften üblich – mit Argumenten reagiert werden, nicht mit Verboten.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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