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Senat beugt Verfassung

■ Bündnisgrüne Schreyer kritisiert Verschiebung der Haushaltsberatungen

Die Haushaltsexpertin der Bündnisgrünen, Michaele Schreyer, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Senat. Mit seiner Entscheidung, den Haushalt 97 erst Ende November zur parlamentarischen Beratung vorzulegen, betreibe der Senat „Rechtsbeugung“. Die Fraktion will einen Antrag ins Abgeordnetenhaus einbringen, mit dem der Landesrechnungshof aufgefordert wird, die verspätete Vorlage unter „verfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Aspekten zu prüfen“.

Auch wenn der Antrag im Parlament scheitern sollte, sei sie sich sicher, daß der „engagierte“ Landesrechnungshof von sich aus reagieren werde. Schreyer wollte nicht ausschließen, daß die von ihrer Partei angekündigte Verfassungsklage gegen den Verkauf von Wohnungsbaudarlehen an die Investitionsbank durch den früheren Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) auch um die verspäteten Haushaltsberatungen erweitert werden könnte.

Ihrer Ansicht nach hätte der Senat laut Landeshaushaltsordnung den Haushalt „vor Beginn des Haushaltsjahres“ ins Parlament einbringen müssen. In der Regel geschehe dies, zitierte sie die entsprechende Gesetzespassage, „in der ersten Sitzung des Abgeordnetenhauses im September“. Doch der Senat entschied anders. Auf seiner Sitzung am 14. Mai kündigte er an, die Haushaltsentwürfe erst Ende November vorzulegen und bediente sich dabei einer Klausel in der Landesverfassung. Denn Artikel 89 ermächtigt den Senat, bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung des Haushalts mit „vorläufigen Regelungen“ zu arbeiten. Eine Verfassungsklausel, mit der sich aus Schreyers Sicht der Senat durch sein eigenes „disziplinloses Verhalten“ nun selbst ermächtigt.

Mit einer parlamentarischen Verabschiedung des Haushalts, bei dem eine Deckungslücke von 10,4 Milliarden Mark zu schließen ist, wird jetzt erst Mitte März gerechnet. Durch die Sonderbestimmung der Verfassung kann der Senat laut Schreyer etwa Zuwendungen für die Hochschulen außer Kraft setzen. Dadurch würden viele Institutionen ähnlich verunsichert wie zu Jahresbeginn, als mit Haushaltssperren agiert wurde, befürchtet Schreyer. Severin Weiland

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