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Selbst Afrika gegen Elfenbeinhandel

Auf der CITES-Artenschutzkonferenz in Kioto dominieren die Interessengegensätze zwischen Nord und Süd/ Schwarzafrikanische Länder verzichten weiter auf Elfenbeinhandel/ Streit um Tropenholz offen  ■ Aus Tokio Georg Blume

Der Elfenbeinhandel bleibt verboten. Sechs afrikanische Länder zogen gestern auf der internationalen Artenschutzkonferenz in Kioto (CITES) ihre Anträge zurück, die den Handel mit dem „weißen Gold“ wieder erlaubt hätten. Simbabwe, Südafrika, Namibia, Botswana, Sambia und Malawi gaben damit den internationalen Protesten von Tierschützern und westlichen Staaten nach. „Die internationale Gemeinschaft“, begründete der Delegationsleiter Simbabwes den Antragsverzicht, „zieht es vor, das Handelsverbot mit Elfenbein für eine Zeit von zwei bis drei Jahren aufrechtzuhalten.“ Im Oktober 1989 hatte die CITES-Konferenz in Lausanne erstmals einen allgemeinen Handelsstopp mit Elefantenprodukten verfügt.

Die gestrige Verzichtserklärung der südafrikanischen Staaten gleicht freilich einem taktischen Rückzugsmanöver. Die von Simbabwe angeführten Länder hoffen nämlich noch auf einen Kompromiß. Indem sie das Handelsverbot für Elfenbein mittragen, wollen sie die CITES-Teilnehmer überzeugen, einem Handel mit Elefantenfleisch und Elefantenhäuten zuzustimmen. Zu diesem Zweck soll die Konferenz in Kioto Elefanten von Appendix 1 der CITES-Liste auf Appendix 2 setzen. Unter Appendix1 stehen die unmittelbar vom Aussterben bedrohten Tiere, mit denen jede Art von kommerzieller Nutzung verboten ist. Appendix 2 erlaubt den Tierhandel immerhin so weit, wie er nicht den Bestand der Art vermindert.

Doch der Streit um die Elefanten ist damit noch nicht ausgestanden. Resolut wehren sich die meisten Tierschützerverbände, wie die in Kioto vertretene „Human Society“ oder der „International Fund for Animal Welfare“ gemeinsam mit den Regierungen der USA und einiger Länder Westeuropas, gegen jegliche Art des Elefantenhandels. Doch ausgerechnet die einflußreichste aller Tierschutzorganisationen, der „World Wide Fund of Nature“ (WWF) lehnt das Totalverbot für Elefantenprodukte ab. Zwar besteht auch der WWF auf dem Handelsstopp für Elfenbein. Doch darüber hinaus gibt der Naturschutz-Multi grünes Licht: „Einige Elefantenherden im südlichen Afrika“, erklärte WWF-Präsident Prinz Philipp in Kioto, „sind zu groß für ihren Lebensraum. Wir müssen deshalb eine vernünftigen Weg für ein Schlachtprogramm finden.“ Der Leiter der WWF-Delegation in Kioto, Peter Kramer, rechtfertigte diese Position als „naturschutz- aber nicht öffentlichkeitseffektiv“.

„Gerade die reichen Länder des Nordens“, gab Kramer zu bedenken, „stehen unter dem Druck der Tierschutzlobbys. Wir müssen die Einwände der armen Südländer deshalb sehr, sehr ernst nehmen. Simbabwe argumentiert, daß Handel und Exportgeschäft dem Naturschutz dienlich sein können. Dem stimmt der WWF im Grundsatz zu.“ Kramer verweist damit auf eine Auseinandersetzung, die jenseits vom Streit über Elefanten, Nashörner und Thunfische das Diskussionsklima in Kioto bestimmt: Immer deutlicher werden die Stimmen der Dritt-Welt- Delegationen, die dem reichen Westen Heuchelei und Opportunismus bei der Einforderung von Tierschutzmaßnahmen vorwerfen.

Die Delegation aus Simbabwe zeigte ihren Ärger in spitzfindiger Form: Sie beantragte in Kioto ein Handelsverbot für Nord- und Ostseeheringe. Das würde nämlich vor allem die europäischen Staaten treffen. Da der Heringsbestand in den nordeuropäischen Meeren bedenklich schnell zurückgegangen sei, so Simbabwe, ließ sich ein Fangstopp rechtfertigen.

Auch der ranghöchste CITES- Vertreter, UN-Umweltdirektor Mostafa K. Tolba, plädierte in Kioto für eine Interpretation des Artenschutzvertrages, die den Interessen der Südländer näherkommt. Der CITES-Vertrag, so Tolba in seiner Grundsatzrede am Mittwoch, sei kein „Konservierungs- sondern ein Nutzungsvertrag“. Man könne die Welt per Artenschutz nicht in einen Zoo oder ein Museum verwandeln.

Die Polemik von CITES-Chef Tolba entspricht ganz dem Tenor, mit dem südliche Staaten dem Norden einen „Naturschutzimperialismus“ vorwerfen. Simbabwe, Malaysia und andere lautstarke Südländer wollen statt dessen eine wirtschaftliche Nutzung von Tier und Natur, die den Arterhalt nicht gefährden soll — im Konferenzjargon von Kioto spricht man von der „nachhaltigen Naturwirtschaft“. „Den Interessen der Naturkonservierung“, meint deshalb der Delegationschef Simbabwes, „ist langfristig am besten gedient, wenn alle Länder die nachhaltige Nutzung des Wildlebens anerkennen.“ Simbabwe, das die eigene Elefantenpopulation in den letzten drei Jahren sehr erfolgreich hütete, findet in Kioto viel Gehör. Der Handel mit Elefantenfleisch und -häuten hat also durchaus noch Chancen, die Zustimmung der Delegierten zu finden. Mit weniger Erfolg drängt das Tropenholz-Exportland Malaysia auf den Verzicht für die strengere Kontrolle einiger Tropenholzarten durch CITES. Denn anders als Simbabwe bei den Elefanten hat Malaysia keine Beweise für ein schonendes Management seiner Regenwälder in der Hand.

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