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Scorsese-Film zensiert

■ Schwedens staatliche Zensurbehörde schnitt zu

Stockholm (taz) — Die staatliche schwedische Filmzensur will Martin Scorseses neuesten Film Capa Fear nur unter der Bedingung für Schweden freigeben, daß der Film um eine Sequenz von elf Sekunden geschnitten wird. Es ist das erste Mal, daß ein Film von Scorsese in Schweden zensiert wird. Die Szene: Robert de Niro beißt während einer Gewalttat ein Stück vom Kinn seines Opfers ab.

Rolf B. Jansson, einer der staatlichen Zensoren: „Die Szene erfüllte mehrere Voraussetzungen für ein Eingreifen. Eine detailliert mit Nahaufnahmen geschilderte Gewalthandlung, kombiniert mit sexuellem Zwang.“ Daß es einen Regisseur von der Qualität eines Scorsese plötzlich trifft, ist nach Jansson kein Zeichen für eine Verschärfung der staatlichen Zensurpolitik. Es sei Zufall gewesen, daß Scorsese nicht schon früher Opfer der Schere geworden sei: „Kein Regisseur hat einen Freibrief.“

Tatsächlich hatte sich die staatliche Film- und Videozensur — deren Abschaffung immer wieder diskutiert wird — in den letzten Jahren darauf beschränkt, Produktionen vom Typ Maschinensägefilm aus dem Verkehr zu ziehen oder zu kürzen, die von vorneherein nur für Video vorgesehen waren. In diesem Metier schlug die Zensur durchschnittlich bei 20 bis 30 Filmen mit einem Totalverbot und bei 50 bis 70 Filmen mit längeren Schnitten zu. Ende der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre waren noch Filme wie E.T. und gar Pippi Langstrumpf — entsprechen nicht den Vorstellungen einer „solidarischen Gesellschaft“ — auf den Index gekommen.

UIP, die Vertriebsfirma des Scorsese-Films, will gegen die Zensur gerichtlich vorgehen. Für den Fall eines Unterliegens werden die SchwedInnen wohl ganz auf das neueste Werk verzichten müssen. Ein UIP-Sprecher: „Wir können uns nicht vorstellen, daß sich Scorsese von der Staatszensur in seinen Filmen herumschnippeln läßt.“ Reinhard Wolff

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