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Schwuler CDUler über Große Koalition„Ich bin verwundert über die SPD“

Der Vorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union ist enttäuscht über die schwarz-roten Verhandlungspartner. Nicht nur beim Thema Adoptionsrecht.

Vater, Vater, Mutter, Kind. Bild: dpa
Astrid Geisler
Interview von Astrid Geisler

taz: Herr Vogt, am Wahlabend haben die Lesben und Schwulen in der Union der Kanzlerin via Facebook empfohlen, sich bei der Gleichstellung homosexueller Paare jetzt mal locker zu machen. Daraus scheint aber auch in der Großen Koalition nun wieder nichts zu werden …

Alexander Vogt: Ja, es sieht leider wirklich nicht danach aus. Aber ich bin Realist. Mit großen Überraschungen hatte ich nicht gerechnet.

Angela Merkel soll sich mit den Chefs von CSU und SPD sogar noch vor dem offiziellen Start der Koalitionsverhandlungen auf ein Nein zum Homo-Adoptionsrecht verständigt haben – enttäuscht Sie das?

Bisher weiß ich davon nur gerüchteweise. Aber natürlich ist das eine Enttäuschung, alles andere wäre gelogen. Wir werden als LSU jetzt versuchen, in den Koalitionsverhandlungen Druck aufzubauen und gemeinsam mit unseren Freunden in der SPD doch noch etwas zu erreichen.

Welche Seite enttäuscht Sie mehr – die Union oder die SPD?

Enttäuscht bin ich über beide, aber verwunderter über die SPD. Ich hätte nicht gedacht, dass die so schnell einknicken. Schließlich hat die SPD mit diesem Thema intensiv Wahlkampf gemacht. Bei der CDU war die Parteilinie immer klar, das ist also jetzt keine so große Überraschung. Allerdings kommen die eigentlichen Verhandlungen ja erst noch.

Worauf hoffen Sie?

Es gibt ja neben der Adoption auch noch andere Themen, die auf den Tisch kommen. Ich bin gespannt, was da passiert.

Bild: LSU
Im Interview: Alexander Vogt

44 Jahre alt, ist Banker aus Frankfurt, CDU-Mitglied und leitet seit 2010 die Gruppe der Lesben und Schwulen in der Union (LSU).

Was sind konkret die Forderungen der LSU?

Wir wollen natürlich die völlige Gleichstellung. Wir wollen die gemeinschaftliche Adoption. Wir wollen, dass es endlich Ehe heißt und nicht mehr Lebenspartnerschaft. Ich hoffe, dass wir uns diesem Ziel wenigstens nähern. Aber am Ende bin ich da Pragmatiker. Jeder, der in Deutschland die Entwicklung mit offenen Augen verfolgt, weiß: Das Bundesverfassungsgericht wird über kurz oder lang sowieso in diese Richtung urteilen. Nur schade, dass wir wahrscheinlich wieder darauf warten müssen.

Ist Ihre Organisation denn wenigstens in den Koalitionsverhandlungen vertreten?

Nicht direkt mit einem LSU-Vertreter. In der Arbeitsgruppe zur Gleichstellung sind aber auf CDU-Seite drei der sogenannten Wilden 13 dabei. Die gehen offen mit dem Gleichstellungsthema um, auch wenn sie nicht alle automatisch für die vollen Adoptionsrechte sind. Auf SPD-Seite ist allerdings auch die Sprecherin der Christen in der SPD vertreten, und aus der CSU redet die Familienpolitikerin Dorothee Bär mit. Da wird es sicher harte Diskussionen geben.

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12 Kommentare

 / 
  • A
    Atmender

    Warum machen die Homos nicht eine eigene Partei auf, anstatt solche zu unterstützen, von denen sie (und andere Minderheiten) diskriminiert und benachteiligt werden?

  • S
    Studierend

    @Sören:

     

    Wenn "Minderheitenrechte" (=Menschenrechte) "kein Kern-Thema der SPD" sind, dann hat sie offensichtlich ebenso wenig aus der Geschichte des deutschen Faschismus und dessen "sexualpolitischer" Fortsetzung bis weit in die Geschichte der BRD hinein gelernt wie die Steigbügelhalter der Nazis, die massenhaft in der "Union" aufgegangen sind und in deren Tradition sich die Diskriminierungspolitik gegenüber homosexuellen Menschen weiterhin bewegt.

  • S
    Sören

    Es geht um eine eigentlich harmlose Frage von Gleichberechtigung, die in unserer Gesellschaft kaum noch umstritten ist. Deswegen ist es schade, dass die Union sich dieses Feld ausgesucht hat, um ein paar konservative Ideologen bei der Stange zu halten.

     

    Minderheitenrechte sind kein Kern-Thema der SPD oder ihrer Stammwähler. Deswegen ist es wenig verwunderlich, wenn die SPD sich hier nicht besonders intensiv einsetzt. Aber aus strategischer Sicht ist es auch nicht schlecht, die Frage vom Verfassungsgericht klären zu lassen. Die SPD kann am Ende darauf verweisen, die Gleichstellung gewollt zu haben, und die Union als Bremserin darstellen (was sie ja auch ist).

  • S
    Studierend

    @Philipp: Ja, warum sollte die "S"PD "Guthaben" zur Beseitigung der gezielten und verfassungswidrigen Herabwürdigungs- und Diskriminierungspolitik gegen eine gesellschaftliche Gruppe verschwenden, die von den Nazis massenhaft verfolgt, in Konzentrationslagern ermordet und noch bis weit in die Geschichte der BRD hinein auf Grundlage desselben Paragrafen verfolgt und kriminalisiert wurde? Dass Ihnen darauf allen Ernstes keine bessere Antwort einfällt, zeigt schon, wessen Geistes Kind Sie sind. Außerdem ist es nicht mit der "Gleichstellung der Lebenspartnerschaft" im Sinne der rassistischen "Separate, but equal"-Ideologie getan. Entweder alle BürgerInnen haben GLEICHE Rechte und Pflichten oder eben nicht. Allerdings befinden Sie sich mit Ihrer Haltung ja nicht nur in bester Gesellschaft der Spezialdemokraten von der "S"PD, sondern nahezu der gesamten Massen- und so genannten Leitmedien, die die von Merkel & Co. mit aller Gewalt gegen mehrfache Urteile des Bundesverfassungsgerichts aufrechterhaltene Herrenmenschenideologie und -praxis, wenn überhaupt, maximal als Nebensächlichkeit behandeln. Vielleicht sollten die Betreffenden mit ihrem "Verständnis" von Demokratie und Menschenrechten zumindest endlich dort ankommen, wo praktisch ganz West- und Nordeuropa, Süd- und Nordamerika (teilweise schon deutlich länger) sind.

  • N
    Nichsodolldu

    LSU das klingt fast seriös

  • H
    habekeinengastnamen

    Der SPD kann man nur empfehlen, sich nicht auf eine Koalition einzulassen.

    Hätte ich in der SPD was zu sagen wäre dieses Thema auch nicht mein Wichtigstes, weil ich davon ausgehen würde, dass das mit der Union sowieso nicht zu machen ist. Und was passiert? Unionsmitglieder die in ihrer eigenen Partei das Thema Adoptionsrecht für Homosexuelle nicht durchkriegen, regen sich über die SPD auf, weil diese zu schnell einknickt? Lächerlich! Wenn Herrn Vogt das Thema wirklich so wichtig ist, dann ist er einfach in der falschen Partei!

  • Das Mindeste was die SPD bei den Koalitionsverhandlungen für Schwule und Lesben heraus verhandeln müsste, wäre, dass bei Abstimmungen über die Gleichstellung von Homosexuellen die Fraktionsdisziplin aufgehoben wird und jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen abstimmen darf. Ansonsten wiederholt sich das unwürdige Schauspiel aus der letzten Legislaturperiode, dass es zwar eine Mehrheit für die Gleichstellung gibt, aber die FDP-Abgeordneten aus Koalitionsdisziplin nicht dafür stimmen durften. Dann wäre die SPD kein Deut besser als die FDP und für Homosexuelle und deren Freunde und Verwandte nicht mehr wählbar.

    • @vulkansturm:

      Franktionsdisziplin ist ja eben nicht bindent, sonst wäre es nach Art.38 GG Fraktionszwang, und der ist grundgesetzwidrig. Wenn Abgeordnete mal nen Ars.. in der Hose hätten, und nicht auf die Fraktionsliste der nächsten Wahl schielen würden, dürfte ihr Gewissen auch mal ne Chance bekommen.

    • @vulkansturm:

      Bin ich komplette mit einverstanden. Aber ist es nicht so das schon das Grundgesetz garantiert das jedes abgeordnete frei und nach seinen Gewissen abstimmen soll??

      • @Adrian2000:

        Ja, im Prinzip. Aber was ist, wenn das Gewissen dem Abgeordneten sagt, er solle sich nach der Fraktionsweisung richten? Das Gewissen ist ja nichts übernatürliches, es wägt ab - was spricht dafür und was dagegen.

  • P
    Philipp

    Wieso sollte die SPD dafür „Guthaben“ bei der Koalitionsverhandlung verschwenden, wenn das eh in Karlsruhe geregelt wird?

    • H
      Hans
      @Philipp:

      Weil sie sich sonst gegenüber den WählerInnen, die sie u.a. wegen diesem Thema gewählt haben, lächerlich macht. Wobei ich solche WählerInnen eh bedauere, da es klar war, was passieren wird. Vor allem bei der SPD.

       

      Aussitzen ist schließlich Muttis Gewinner-Strategie. Egal wie sehr die Rechte der Menschen bis zum Urteil aus Karlsruhe verletzt werden.