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Schwoof für den guten Zweck

■ Hamburger Presseball 1995: Kleiner, exklusiver, kultureller - und diesmal vielleicht sogar mit Journalisten Von Iris Schneider

Statt höher, schneller, weiter ist das Credo des Hamburger Presseballs am kommenden Sonnabend: kleiner, exklusiver, kulturorientierter. Aber im Atlantik tanzen ja auch keine Olympioniken, sondern etablierte Damen und Herren aus der Medienszene, die die 350 Mark für die Eintrittskarte locker aus der Spesenkasse bezahlen. Den etwas weniger Betuchten bietet die Flanierkarte für nur 250 Mark alle Annehmlichkeiten dieses gesellschaftlichen Ereignisses, bis auf einen Sitzplatz. Und schließlich käme man ja nicht zum Sitzen, warb Annegret Witt-Barthel, Vorsitzende der Stiftung der Hamburger Presse, gestern für dieses besondere Angebot.

JournalistIn muß zu diesem Zweck übrigens niemand werden. SympathisantInnen vor allem aus dem Lager der Wirtschaft werden gerne gesehen. In den letzten Jahren war der Hamburger Presseball dadurch in den Ruf geraten, der einzige Presseball zu sein, auf dem noch nie ein Journalist gesichtet wurde. Bis zu 3000 Menschen amüsierten sich in den vergangenen Jahren auf dieser Großveranstaltung, aber: „Je größer der Ball wurde, desto weniger Journalisten nahmen daran teil“, beklagt Frau Witt-Barthel die Entwicklung. Böse Zungen behaupten, der Bürgermeister der Hansestadt, Henning Voscherau habe damit gedroht, als Schirmherr zu demissionieren, wenn die schreibende Zunft weiter durch Abwesenheit glänzen sollte.

Dazu wird es nicht kommen, dank des „neuen Konzepts“ und des mitreißenden Mottos „Medien, Macher, Musen“, die gestern ganz exklusiv einer kleinen Gruppe von KollegInnen im ansprechenden Ambiente eines Hamburger Nobelhotels vorgestellt wurden. Dicke Teppiche, schwere Vorhänge und glitzernde Kristallüster: Das ist der angemessene Rahmen für den 46. Presseball in Hamburg, an dem in diesem Jahr nur noch 1000 Personen teilnehmen können. Alle anderen müssen leider draußen bleiben, auch wenn das im Journalisten-Verband Hamburg zu heftigen Frustrationen geführt hat. Ja, das ist Exklusivität im wahren Sinn des Wortes. Die glücklichen TeilnehmerInnen dürfen sich an sieben Buffetts, vier Bars und auf vier Tanzflächen vergnügen und dabei das gute Gefühl genießen, das alles für einen guten Zweck zu tun: Mit dem Gewinn will die Stiftung der Hamburger Presse bedürftigen KollegInnen helfen und journalistischen Nachwuchs fördern. Bürgermeister Voscherau ließ sich von soviel überraschenden Ideen das Versprechen entlocken, den Ball mit einigen Begrüßungsworten zu eröffnen.

Wer zu den erwählten 1000 zählen möchte, die die Hamburger Ballsaison eröffnen, kann unter Tel.: 32 38 71 noch Karten bekommen.

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