: Schwiegervatermuttertod
(dpa/taz) – Rund zwei Millionen unverheiratete Paare gibt es derzeit in Deutschland – und noch immer keine ordentlichen Begriffe für den daraus entstehenden verwandtschaftlichen Beziehungskuddelmuddel. Mitte der 80er tauchte in der Umgangssprache zwar die Bezeichnung SchwiegerfreundIn auf. Aber wie soll der sprachlich korrekte Schwiegerfreund den Vater seiner Freundin nennen? Schwiegerfreundinvater?
Um das Dilemma aufzulösen, hat der Sprachwissenschaftler Wilfried Seibicke nun ein völlig neues Bezeichnungssystem vorgeschlagen. Danach sollten Schwiegerkinder ohne Trauschein „Wahlsohn“ und „Wahltochter“ und die Eltern „Wahlvater“ und „Wahlmutter“ heißen. Als Oberbegriff für die nicht legalisierte Schwiegerschaft schlug Seibicke „Wahlgemeinschaft“ vor, „es sei denn, man getraue sich, auf die altbekannte Wahlverwandtschaft zurückzugreifen“. Dieses System ist seinem Kollegen Friedhelm Debus allerdings viel zu künstlich. Er schlägt statt dessen Zusammensetzungen mit der Vorsilbe Mit- vor: also Mitvater, Mitmutter, Mitsohn und Mittochter. Im Mittelhochdeutschen bezeichnet „mit“ nämlich die „engste Nähe von Personen und Sachen“. Ein Teilhaber ist ein Mithalter, ein Kampfgenosse ein Mitritter. Debus verweist auf die auch heute hohe Produktivität von „mit“ als Bestimmungswort – vom Mitarbeiter über den Mitläufer bis hin zum Mitschüler.
Ob sich die Mittochter gegen die Schwiegerfreundin durchsetzen kann, wird sich erst noch weisen. Vorsorglich verwies Debus bereits darauf, daß auch „Schwieger-“ eine „gewisse produktive Kraft“ besitze. Dies zeige ein Beleg, den er kürzlich im Rheinland habe notieren können, „nämlich Schwiegerhund – für einen angeheirateten Hund sozusagen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen