: Schwerer Weg zum Frieden in Zentralamerika
■ In Nicaragua wird die Contra demobilisiert / UNO soll Entwaffnung überwachen und spätestens bis zum 25. April abschließen / Trotzdem weiter Kämpfe / Zaghafte Gespräche in El Salvador / UNO und Venezuela haben Vermittlung übernommen
Berlin (adn/dpa/taz) - Genau zwei Jahre nach dem Waffenstillstandsabkommen von Sapoa zwischen der nicaraguanischen Regierung und den Contras, welches das Ende der Contra-Aktivitäten einleitete, wurde in Honduras ihre endgültige Demobilisierung beschlossen. In der Nacht des Freitags, 23. März, verlas der katholische Erzbischof von Managua, Kardinal Jose Obando y Bravo, das Abkommen, das die neugewählte Chamorro-Regierung mit den Contras ausgehandelt hat.
Die Kämpfe zwischen den nicaraguanischen Soldaten und den Contras sollen sofort eingestellt werden, heißt es in dem Abkommen. Die schätzungsweise 10.000 Contras unter Waffen, die sich teilweise in Nicaragua aber größtenteils auf honduranischem Territorium aufhalten, sollen sich in „Sicherheitszonen“ auf nicaraguanischem Gebiet begeben. Internationale Beobachter der Vereinten Nationen sollen die Demobilisierung überwachen. Spätestens am 20. April soll mit der Entwaffnung begonnen werden, die bis zu Chamorros Amtsantritt am 25. April beendet sein soll.
Das Abkommen ist ein Sieg insbesondere für die Regierung von Honduras. Das honduranische Parlament hatte vor kurzem die Ausweisung der Contra-Verbände aus dem Land gefordert, und die Regierung von Präsident Rafael Leonardo Callejas hatte daraufhin die Verhandlungen in Gang gesetzt, mit dem Ziel, vor dem 25. April eine Lösung zu finden. Contrasprecher Aristides Sanchez hatte großspurig angekündigt, ein Abzug wäre überhaupt kein Problem, verlangte aber, daß die Contras bis zur endgültigen Machtübergabe der Sandinisten an Frau Chamorro ihre Waffen behalten sollten. Auch der noch amtierende Präsident Nicaraguas, Daniel Ortega, hatte sich für eine sofortige Rückkehr der Contras nach Nicaragua ausgesprochen.
Nach der Abkommensunterzeichnung waren die Reaktionen dann aber doch gemischt. Die honduranische Regierung äußerte sich erfreut, da die Contra-Lager seit Jahren das Land belastet hätten. Präsident Ortega begrüßte das Abkommen ebenfalls, befürchtete aber, es würde von den Contras nicht respektiert werden. Wichtige Contra-Führer hätten es nicht unterzeichnet. Wie zur Bestätigung teilte das Verteidigungsministerium in Managua am Samstag mit, daß in den vergangenen Tagen 36 Menschen bei Überfällen von Contras ums Leben gekommen seien.
Auch in El Salvador beginnen jetzt zaghaft Verhandlungen. Die Vermittlung haben hier UN-Generalsekretär Perez de Cuellar und der Präsident Venezuelas, Carlos Andres Perez, übernommen. Vor zehn Tagen hatte die FMLN-Guerilla ihre Bereitschaft erklärt, alle Sabotageakte sofort einzustellen. Nach anfänglicher Härte zeigte sich die Regierung von Alfredo Cristiani am Mittwoch ebenfalls kompromißbereit und erklärte sich zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen bereit, nachdem ihre Bedenken bei Gesprächen in Mexiko unter UNO -Regie ausgeräumt worden waren. Der 'New York Times‘ zufolge soll bis zum September ein Abkommen unterzeichnet werden, das der FMLN die Möglichkeit zur Beteiligung am politischen Leben gibt. Dies sei auf Druck der USA, die die salvadorianische Regierung nahezu vollständig finanzieren, vereinbart worden, berichtete das Blatt. Im März 1991 könne die FMLN dann an den Parlamentswahlen teilnehmen.
In den nächsten Tagen werden die Führer der drei bedeutenden Oppositionsparteien El Salvadors - Fidel Chavez Mena (Christdemokraten), Guillermo Ungo (Nationalrevolutionäre) und Ruben Zamora (Sozialchristliche Volksbewegung) - mit dem venezuelanischen Präsidenten Andres Perez zusammentreffen. Erst letzte Woche hatte der Präsident Vertreter der FMLN getroffen, und Ende dieser Woche reist Präsident Cristiani ebenfalls nach Venezuela.
Außer der Teilnahme an Wahlen verlangt die FMLN jetzt nur noch die Säuberung der Armee und eine Justizreform. Von ihren revolutionären Vorstellungen ist sie stillschweigend abgerückt. Die Erstarkung der salvadorianischen Gewerkschaftsbewegung und die Herausbildung einer breiten Opposition gegen die militärgestützte Cristiani-Regierung läßt einen Wahlsieg und politische Reformen erstmals möglich erscheinen.
D.J.
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