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Schwere Krise im bolivianischen Zinnbergbau

■ Preisverfall bescherte Millionenverluste/ Weltbank: Privatisieren

La Paz (ips) — Der extrem niedrige Zinnpreis auf den internationalen Märkten stürzt den bolivianischen Bergbau in seine bisher ernsteste Krise. Mit der drohenden Schließung der Zinnminen könnte Bolivien das nach Kokain zweitwichtigste Exportgut des Landes verlieren. Die Weltbank empfahl Ende vergangener Woche die Privatisierung der staatlichen Bergbaugesellschaft. Mit 2,4 US-Dollar pro Pfund erreichte der Zinnpreis in den letzten Wochen auf den internationalen Märkten einen neuen Tiefpunkt. Der Absturz folgte einer Phase relativ hoher Preise von um die 3,5 Dollar in den vergangenen Monaten.

Bereits 1990 waren die Zinnpreise mit durchschnittlich 2,7 US-Dollar pro Pfund beträchtlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, was die Stillegung Tausender kleiner Minen zur Folge hatte. Auch der staatliche Bergbaukonzern Comibol erlitt unter anderem aus diesem Grund Millionenverluste.

Der für Investitionen zuständige Staatssekretär des Bergbauministeriums, Rafael Delgadillo, warnte vor einem „Zusammenbruch“ des bolivianischen Zinnabbaus, der auch im staatlichen Bereich zu Stillegungen und Massenentlassungen führen könnte. „Wir können nicht mit Kosten von über drei US-Dollar pro Pfund weiterarbeiten, während die Weltmarktpreise auf 2,4 Dollar stehen“, sagte der Beamte.

Bergbauminister Walter Soriano führte die aktuelle Preisbaisse auf die Verkaufspolitik von Großproduzenten wie China und Brasilien zurück, die große Reserven auf den Markt geworfen hätten. Druck übten auch in den USA aufgebaute umfangreiche Lagerbestände aus.

Soriano erklärte auch, daß es innerhalb des Verbandes zinnproduzierender Länder (ATPC) nicht gelungen sei, die Exporte zu kontrollieren. Die Mitgliedsländer der Rohstofforganisation hätten die im letzten Oktober getroffene Übereinkunft zur Reduzierung des Angebots nicht eingehalten. Das sei unter anderem darauf zurückzuführen, daß die beiden Großproduzenten Brasilien und China nicht Mitglieder des ATPC seien, sagte Soriano.

Das Bergbauministerium nutzte den Anlaß, um für die von den Gewerkschaften bekämpften Entstaatlichungsmaßnahmen im bolivianischen Bergbau zu werben. Nach Meinung Delgadillos ist die Zulassung auch ausländischer privater Kapitalbeteiligungen die einzige Rettungsmöglichkeit für die bolivianischen Minen.

Delgadillo kritisierte die Haltung des Parlaments, das der Regierung die Zustimmung für die Reform der Bergbaugesetzgebung bisher verweigert hat, als schweren Fehler. „Die Regierung ist überzeugt, daß die Beteiligung von Privatkapital die einzige Möglichkeit zur Reaktivierung des Bergbaus darstellt“, sagte der Beamte. „Und es wird mit den Minenarbeitern kein Übereinkommen geben, solange sie dieses Problem weiterhin ideologisieren.“

Seit letzten Freitag kann sich die Regierung auch auf eine offizielle Empfehlung einer Weltbank-Expertengruppe stützen. Die Experten verlangten von der Regierung die Ausarbeitung eines Konzepts über die Stillegung einzelner Minen und die Privatisierung anderer.

Auf jeden Fall müßten „sofort Maßnahmen gegen die ständigen Verluste der Comibol getroffen werden“, erklärte die Weltbankmission, die sich u.a. für massive Entlassungen im Verwaltungsbereich aussprach. Der Comibol wurde ein „Anpassungkredit“ über mehr als 22 Millionen US-Dollar in Aussicht gestellt — vorausgesetzt, die geforderten Auflagen werden erfüllt.

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