: Schwedens Inflationsmodell
■ Konjunktur läuft aus dem Ruder / Zahlungsbilanz mies
Stockholm (dpa) - Als Schwedens Banken nach dreiwöchiger Zwangspause wegen Aussperrung in dieser Woche wieder ihre Tore öffneten, erlebten Hauskäufer und andere Kreditkunden einen Schock: Die Kapitalzinsen hatten einen Sprung von mehr als zwei Prozent nach oben gemacht. Mit Zinsen von 15 Prozent und mehr mußte nun plötzlich neu kalkuliert werden. Schwedens hohes Zinsniveau ist dabei nur einer von zahlreichen Indikatoren für eine aus dem Ruder gelaufene Hochkonjunktur.
Schwedens Zahlungsbilanzdefizit wird sich bis 1991 mit 55 Milliarden Kronen (derzeit 15,4 Mrd. DM) gegenüber 1989 (30 Mrd. Kronen) fast verdoppeln. Die Exporterlöse zeigen deutlich sinkende Tendenz, wofür von der Industrie vor allem die stark gestiegenen Lohnkosten verantwortlich gemacht werden.
Mit einem erwarteten Wachstum von einem Prozent für 1990 liegen die Skandinavier in der OECD-Skala auf dem vorletzten Platz. Ganz vorne rangieren sie dagegen in Sachen Teuerungsrate, die in diesem und im kommenden Jahr noch auf acht bis neun Prozent steigen dürfte.
Nachdem die Hochkonjunktur der letzten Jahre bei einer Arbeitslosenquote von unter zwei Prozent 1989 zu Einkommensteigerungen von zehn Prozent führte, wird jetzt auch die bisher von allen Parteien akzeptierte Politik der Vollbeschäftigung in Frage gestellt. Die Regierung scheiterte jüngst im Parlament mit ihren Streikverbotsplänen.
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