: Schwarz-Rot-Gold, muss das sein?
MAKING OF 14 GastredakteurInnen übernehmen für einen Tag die taz und füllen sie mit Leichtigkeit. Für Diskussion sorgt nicht nur das Broder-Sarrazin-Interview, sondern auch die Gestaltung der Titelseite
BERLIN taz | „Ich will was über die Heimatliebe der Linken schreiben“, sagt der Schriftsteller Feridun Zaimoglu in der großen Konferenz am Montagmorgen. „Das werde ich verhindern“, entgegnet Autor Imran Ayata. Es wird ihm nicht gelingen.
Die Gruppe der 14 GastredakteurInnen ist heterogen zusammengesetzt. Für die freundliche Übernahme haben die taz-RedakteurInnen ihren Platz in der ersten Reihe im Konferenzraum geräumt. Vier Seiten sind bis zum Spätnachmittag zu füllen. Bevor jeder seine Ideen vorstellt, besteht aber Diskussionsbedarf. Für diese Ausgabe hat Henryk M. Broder Thilo Sarrazin interviewt. „Können wir die noch rausschmeißen?“, fragt Linkspartei-Politikerin Sevim Dagdelen. „Ohne Sarrazin säßen wir heute nicht hier, wir müssen ihn zu Wort kommen lassen“, antwortet ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.
Am Mittag ist es erstaunlich ruhig in den Redaktionsräumen. Es werden Ideen besprochen und verworfen, Texte gelesen und gekürzt. Die Gäste haben sich in vier Gruppen aufgeteilt, jede ist für eine Seite verantwortlich. Manche haben schon einen Text mitgebracht, oft ist er viel zu lang. Andere haben nur Ideen.
„Wir wussten schon nach fünf Minuten, wie wir unsere 300 Zeilen füllen“, sagt Autorin Hatice Akyün. „Feriduns Text über die Heimatliebe der Linken wird der Aufmacher, ich werde eine Glosse zur Dankbarkeit von MigrantInnen schreiben.“
Andere Gruppen brauchen länger. Eigentlich wollte Moderatorin Mo Asumang ein Interview, das sie mit dem 2009 verstorbenen Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger für den Film „Roots Germania“ führte, in Schriftform bringen. „Das funktioniert nicht“, sagt Schwerpunktredakteurin Frauke Böger. Asumang wird von der Begegnung mit Rieger in einem Fließtext berichten.
Heftig diskutieren die GastredakteurInnen über die Titelseite. Der Vorschlag der heutigen Chefredaktion, mit der Schlagzeile „Made in Germany“, der Deutschlandflagge und dem Namen aller Beteiligten aufzumachen, stößt bei einigen auf Unverständnis. „Ich will nicht Schwarz-Rot-Gold abfeiern“, sagt Dagdelen. Ayata will die Pässe der Gastredaktion abdrucken und mit „Wir sind hier“ titeln. „Die Ermächtigung der Flagge durch Migranten ist Provokation für die Nazis“, verteidigt Zaimoglu die schwarz-rot-goldene Idee. Die Diskussion wird in kleinerer Runde fortgesetzt. Ayata will seinen Namen auf keinen Fall unter der Fahne sehen. Bei Redaktionsschluss dauert die Diskussion fort.
„Es läuft alles sehr entspannt und professionell“, sagt Klaus Hillenbrand am Nachmittag. Er ist als CvD sonst für die Titelseite zuständig. Heute berät er nur. „Ich bin guter Dinge, dass wir bis 17.00 Uhr alle Seiten fertig haben.“ Er wird recht behalten.
■ Paul Wrusch, 26, taz-Redakteur