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Archiv-Artikel

„Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün“

Die grüne Fraktionschefin Sibyll Klotz nennt ein Bündnis mit der lange verhassten CDU als gleichrangige Option mit einer Koalition mit den Linksparteien SPD und PDS. Doch beide Möglichkeiten lösen bei ihr nur wenig Begeisterung aus

taz: Frau Klotz, bei der CDU sieht man viele kleine Meilensteine Richtung Schwarz-Grün schon hinter sich liegen. Korrekte Sicht oder Sehfehler?

Sibyll Klotz: Ich finde es zunächst für uns Bündnisgrüne gut, wenn wir mehrere Optionen haben. Das habe ich bei der Wahl 2001 von Klaus Wowereit gelernt.

Nennen Sie doch mal diese Optionen.

Das sind bei jetzigen Umfragen klar Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün. Wir wären aber mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir uns jetzt festlegen würden. So sind wir doch viel interessanter. Wegen der Arroganz von Rot-Rot weckt bei mir die Vorstellung, dass da zwei Senatsstühle für uns geräumt würden, wenig Begeisterung. Aber angesichts der Auftritte einiger CDU-Leute habe ich genauso wenig Begeisterung für Schwarz-Grün.

Was schreckt Sie an der CDU?

Dass es nach wie vor Dinge gibt, die ich für absolut unvereinbar mit grüner Politik halte – Stichwort Ausländerpolitik und Migration. Da sind einige noch immer die Hardliner, die sie waren. Liberale Drogenpolitik ist mit der CDU überhaupt nicht vorstellbar. Und wenn ich sehe, wie zögerlich die Berliner CDU immer noch die Verantwortung für das Finanzdesaster wahrnimmt, so ist das, mal vorsichtig ausgedrückt, ausbaufähig. Aber auch die SPD tut sich da schwer.

Wieso ist Schwarz-Grün dann überhaupt eine Option?

Es waren bei der CDU in diesem Jahr schon ein paar positive Entwicklungen zu beobachten …

Vor allem wegen der neuen Doppelspitze Joachim Zeller und Nicolas Zimmer?

Wenn ich mir angucke, was vorher da war, ist das eindeutig ein personeller Fortschritt. Die beiden stehen für mich eher für den fortschrittlicheren Teil, wenn ich mir die gesamte CDU anschaue. Ich bin mir nur nicht sicher, ob alle ihre Positionen auch von der Basis getragen werden. Es gibt auch sonst positive Dinge zu vermerken: gemeinsame Verfassungsklage, Haushalt, übereinstimmende Schwerpunkte bei Wissenschaft und Kultur, ähnlicher Ansatz zur Bürgergesellschaft – und Zellers Einschätzung der FDP als neoliberal.

Wie erklären Sie Ihren Anhängern, dass Schwarz-Grün eine Option ist? Die lehnen das zu drei Vierteln ab.

Im Moment stehen keine Wahlen an. Es gibt deshalb für mich überhaupt keinen Grund, Koalitionsaussagen zu treffen. Ich glaube, dass unsere Mitgliederschaft es gut findet, wenn wir, in welcher Option auch immer, möglichst viel von unseren Inhalten durchsetzen können.

INTERVIEW: STEFAN ALBERTI